Wissensbaustein

Existenzgründung in der Erwachsenen- und Weiterbildung

Worauf Sie beim Einstieg in die Selbstständigkeit achten sollten

Die Tätigkeit als Lehrkraft in der Erwachsenen- und Weiterbildung erfolgt in Deutschland häufig aus der Selbstständigkeit heraus. Hunderttausende Lehrende arbeiten meist frei- und nebenberuflich in der Weiterbildung. Unsere moderne Wissensgesellschaft macht Weiterbildung zu einem Erfordernis, um persönlich und beruflich auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Der Bildungsbericht 2014 stellt einen Anstieg der Weiterbildungsbeteiligung in Deutschland fest – nach Jahren der Stagnation. Der Bedarf an Weiterbildungsangeboten und somit auch an freiberuflichen Weiterbildnerinnen und Weiterbildnern ist derzeit also groß.

DefinitionWas ist das?

In Deutschland ergibt sich die Definition der Selbstständigkeit aus § 7 des SGB IV, und hier vor allem aus der Abgrenzung zu „abhängiger Beschäftigung“. Danach ist die selbstständige Tätigkeit gekennzeichnet durch das „eigene Unternehmerrisiko“ und die „selbstbestimmte Ausübung der Arbeit“.

In der Weiterbildung finden sich Selbstständige u. a. als Dozentinnen und Dozenten, Kursleitende, Teamerinnen und Teamer, Moderatorinnen und Moderatoren und Coaches. Die Heterogenität der Berufsbezeichnungen erschwert einen einheitlichen Überblick über alle Dimensionen der Selbstständigkeit in der Weiterbildung. Allen gemein ist die Möglichkeit zur freien Auftragsannahme und somit der freien Auswahl ihrer Tätigkeiten – sofern die ökonomischen Rahmenbedingungen dies dem Einzelnen erlauben.

GeschichteWoher kommt das?

Der Beruf des Erwachsenenbildners ist vergleichsweise jung. Noch in der Weimarer Republik wurde die Tätigkeit als „Dienst für das Volk“ und weniger als Dienstleistung bzw. Erwerbstätigkeit angesehen. Eine zunehmende Professionalisierung, die vor allem von den Volkshochschulen ausging, erfolgte erst in den 1970er Jahren (Nittel, 2000, S. 87).

Die Vielfalt der Berufsgruppen in der Erwachsenenbildung und die Verschiedenheit der Beschäftigungsformen (haupt-, neben-, freiberuflich) hält bis heute an (Abb. 1).

Tortendiagramm zu Beschäftigungsformen in der Erwachsenenbildung

Abbildung 1: Beschäftigungsformen von Lehrkräften der Weiterbildung (eigene Darstellung nach DIE, 2014, S. 48)

Die Selbstständigkeit ist unter den Lehrkräften der Weiterbildung als Beschäftigungsform wesentlich häufiger anzutreffen als in anderen Branchen. Aus den Trends der Weiterbildung 2014 des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE) geht hervor, dass der Anteil der Solo-Selbstständigen (Selbstständige ohne Beschäftigte) bei Lehrenden in der Weiterbildung bei 32 Prozent liegt. Von 207 untersuchten Branchen weist lediglich der Journalismus mit 50 Prozent einen höheren Anteil aus. 

MerkmaleWie geht das?

Grundlage für den Einstieg in die Selbstständigkeit als Lehrkraft in der Weiterbildung ist die Passion für eben diese Tätigkeit und das Berufsfeld. Hinzu kommen jedoch noch Aspekte wie ein Mindestmaß an kaufmännischem Know-how und die Fähigkeit, Selbstvermarktung zu betreiben. 

Das Buch „Existenzgründung in der Weiterbildung“ (→ Servicebox) bietet eine Checkliste für den Einstieg in die Selbstständigkeit an. Die folgenden Punkte gilt es dabei besonders zu beachten:

  • Analyse des eigenen Potenzials
  • Marktanalyse
  • Wahl der Rechtsform
  • Geschäftsmodell
  • Marketing- und Kommunikationsstrategie
  • Organisation der Büro- und Verwaltungsarbeit

Vor Aufnahme der Selbstständigkeit sollte eine Analyse des eigenen Potenzials stehen. Neben der fachlichen Komponente sollte aber auch eine ehrliche Bestandsaufnahme der eigenen kaufmännischen Fähigkeiten und der finanziellen Ressourcen erfolgen, denn Selbstständigkeit bringt häufig nicht gleich zu Beginn das angestrebte Einkommen ein. Außerdem sollten die eigenen blinden Flecken ausgemacht werden. In welchem Bereich benötige ich Unterstützung? Zum Beispiel in Rechtsfragen? Tauschen Sie sich auch mit anderen freiberuflichen Lehrkräften über deren Erfahrungen aus. 

Eine Unterstützung zur Einschätzung des eigenen Potenzials kann das Kompetenzprofil des Deutschen Volkshochschul-Verbandes bieten. Es ist als Portfolio angelegt, das Kursleitenden die Möglichkeit bietet, ihre Kompetenzen und Erfahrungen abzubilden. Der ProfilPass des DIE bietet ebenfalls die Möglichkeit, eigene Potenziale zu identifizieren und sich der eigenen Stärken bewusst zu werden. Insbesondere Freiberufler sollten sich im Klaren über die eigenen Fähigkeiten sein, die als Grundlage für die Vermarktung der eigenen Dienstleistung dienen können.

Eine Marktanalyse sollte ebenfalls vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit erfolgen. Eine subjektiv als großartig empfundene Idee bedeutet nicht zwangsläufig, dass es tatsächlich eine Nachfrage nach Ihrer Dienstleistung gibt. Nehmen Sie eine realistische Einschätzung der Nachfrage vor. Deckt Ihr anvisiertes Weiterbildungsangebot einen Bedarf? Und gibt es Menschen, die dafür Geld und Zeit investieren würden? In welchem Bereich der Weiterbildung gibt es besonderen Bedarf? Gibt es gar eine Marktlücke? 

Richten Sie Ihr Angebot auf eine bestimmte Zielgruppe aus. Auf den ersten Blick mag dies wie eine Verengung der möglichen Nachfrager Ihrer Dienstleistungen erscheinen, aber es erleichtert die Kommunikation und Vermarktung Ihrer Expertise. Ein möglichst präzises und enggefasstes Angebot ist besser als ein breitgefasstes Angebot. 

Sprechen Sie zur Klärung der Frage, wie Sie sich in der Weiterbildungslandschaft positionieren, mit Anbietern der Erwachsenen- und Weiterbildung, denn dies sind Ihre potenziellen Kunden. Sie können den Bedarf an der eigenen Dienstleistung z. B. auch durch Gespräche mit dem eigenen beruflichen Netzwerk ermessen.

Ein weiterer Schritt auf dem Weg in die Selbstständigkeit ist die Wahl der Rechtsform. Für den Einstieg in die Selbstständigkeit ist dies eine der wichtigsten und zugleich kompliziertesten Fragen. Möchten Sie als Freiberufler tätig sein? Wollen Sie dies mit oder ohne Kleinunternehmerregelung tun? Oder gründen Sie lieber einen Verbund mit anderen Kollegen als GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts)? Erkundigen Sie sich über die Industrie- und Handelskammern, das Finanzamt, Juristen oder das Internet über mögliche Auswirkungen Ihrer Wahl.

Für Existenzgründer gibt es eine Reihe an Fördermöglichkeiten zur Finanzierung der Existenzgründung und des eigenen Geschäftsmodells. Auf den Seiten der Bundesagentur für Arbeit erhalten Sie eine erste Orientierung.

Die Vergütung – also der Preis – für Ihre Dienstleistung ist eine der wichtigsten Entscheidungen, die Sie als Selbstständiger zu treffen haben, denn sie ist mitentscheidend für den unternehmerischen Erfolg. Der Preis sollte sich nicht nur aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage zusammensetzen, sondern sich auch an Ihrem eigenen finanziellen Bedarf orientieren. Es gibt verschiedene Instrumente im Internet, um den eigenen Stundensatz zu berechnen. Die tatsächlichen Marktpreise sollten zunächst einmal außer Acht gelassen werden.

In einem weiteren Schritt definieren Sie eine zielgruppengerechte Marketing- und Kommunikationsstrategie. Was ist das Besondere an Ihrer Dienstleistung? Wie heben Sie sich von Ihren Mitbewerbern ab? Über welche Kanäle können und sollten Sie Ihr Angebot kommunizieren? 

Ihre Marketing- und Kommunikationsstrategie sollte folgende Aspekte berücksichtigen:

  • Ihre Zielgruppe
  • die Bedarfe am Markt
  • Ihre Leistungen
  • Ihre Preise

Eine Strategie für das Marketing zeigt Kerstin Hoffmann in ihrem Buch „Das Prinzip Kostenlos“ (→ Servicebox) auf. Im digitalen Zeitalter sei es für viele Berufsgruppen nicht mehr zeitgemäß, ihr Wissen für sich zu behalten und es als eine Form von Geschäftsgeheimnis zu betrachten. Das Internet gebe ihnen stattdessen die Möglichkeit, sich durch inhaltlich wertvolle Beiträge als Experten zu positionieren und sich auf diese Weise für potenzielle Auftraggeber interessant zu machen. Das eigene Wissen werde also nicht verschenkt, sondern in Szene gesetzt und vermarktet.

Als Selbstständiger investieren Sie letztlich einen beträchtlichen Teil Ihrer Arbeitszeit in Tätigkeiten, die sich unter dem Punkt Verwaltung zusammenfassen lassen. Hierzu gehören vor allem Bereiche wie Steuern oder Versicherungen. Scheuen Sie sich nicht, externe Beratung einzuholen. Denken Sie hierbei aber auch an möglicherweise anfallende Kosten.  

DiskussionWas wird diskutiert?

Neben den Beschäftigungsverhältnissen ist die Einkommenssituation von Weiterbildnerinnen und Weiterbildnern in Deutschland Anlass für Diskussionen. Weiterbildner finden sich häufig in unteren Einkommensgruppen wieder (Abb. 2). 

Stabdiagramm Nettoeinkommen Lehrende in der Erwachsenenbildung und Alle.

Abbildung 2: Nettoeinkommen von Lehrenden in der Erwachsenenbildung im Vergleich zu allen Erwerbstätigen (Quelle: DIE, 2014, S. 53)

Einer Lehrkraft in der Erwachsenenbildung steht laut DIE-Trendanalyse 2014 ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 1.300 Euro zur Verfügung. Die DIE-Trendanalyse stellt für die Weiterbildung – im Vergleich zu anderen Erwerbstätigkeiten – Einkommensnachteile über alle Einkommensklassen hinweg fest. Die Autoren plädieren jedoch für eine differenzierte Betrachtung dieser Ergebnisse, da nur in knapp 30 Prozent der Fälle die Tätigkeit in der Erwachsenenbildung die einzige Einkommensquelle sei. Es müssten stets auch Aspekte wie persönliche Lebenslagen, in denen eine eingeschränkte Beschäftigung durchaus erwünscht sei, berücksichtigt werden.

Internationale BezügeWie sieht man das woanders?

Eine Art Sonderfall der freiberuflichen Tätigkeit stellen die grenzüberschreitenden Dienstleistungen dar. Wenn Sie Ihre Dienstleistungen auch im Ausland anbieten, dann ergeben sich zahlreiche neue Fragen, vor allem in Bezug auf Steuern. 

Der Blog „Wireless Life“ bietet unter „Alles über Steuern für digitale Nomaden, Online Unternehmer und Freelancer“ einen umfangreichen Überblick.


Service

Verwandte Begriffe

Handlungsfelder der Weiterbildung, Personal in der Weiterbildung, Freiberuflerin/Freiberufler, Selbstständige/Selbstständiger, Solo-Selbstständige/Solo-Selbstständiger, Freelancerin/Freelancer, Freie Mitarbeiterin/Freier Mitarbeiter, Existenzgründerin/Existengründer, Honorarkraft, Feste Freie, Neue Selbstständige

Zur Reflexion

  • Warum kann es im digitalen Zeitalter unter Umständen von Vorteil sein, das eigene Wissen nicht als Geschäftsgeheimnis zu betrachten?
  • Welche Kompetenzprofile zweier Institutionen aus dem Bereich der Erwachsenen- und Weiterbildung können Sie nutzen, um Ihr eigenes Potenzial einzuschätzen, wenn Sie sich als Weiterbildnerin oder Weiterbildner selbstständig machen wollen?
  • Warum vermittelt die bloße Feststellung, Lehrkräfte der Erwachsenen- und Weiterbildung verdienten unterdurchschnittlich im Vergleich zu anderen Berufen, ein unvollständiges Bild ihrer Beschäftigungs- und Einkommenssituation?
  • Entwickeln Sie eine Kommunikations- bzw. Marketingstrategie für Ihre Dienstleistung!

Literaturliste

  • Braun, B., Hengst, J., & Petersohn I. (Hrsg.). (2008). Existenzgründung in der Weiterbildung. Bielefeld: W. Bertelsmann.
    Das Buch aus der Reihe „Perspektive Praxis“ des DIE bietet umfangreiches Einstiegswissen für den Schritt in die Selbstständigkeit. Die Autoren konzentrieren sich dabei auf die spezifischen Herausforderungen einer Existenzgründung von Lehrenden in der Weiterbildung. In dem Buch finden sich zahlreiche Checklisten und Tipps. Eine lineare Lektüre des Buches ist nicht notwendig, da die einzelnen Kapitel unterschiedliche Dimensionen der Existenzgründung in der Weiterbildung umfassen und in sich abgeschlossen sind. Das Buch ist auf den Seiten des DIE kostenlos abrufbar.
  • Hofert, S. (2011). Erfolgreiche Existenzgründung für Trainer, Berater, Coachs. Offenbach: Gabal.
    Svenja Hofert umreißt in ihrem Praxisbuch für die Existenzgründung alle wichtigen Bereiche der Selbstständigkeit: von einer kreativen Geschäftsidee über Preisfindung, Marketing, bis hin zu Rechtsform, Steuern und Versicherungen. Das Buch informiert umfassend über die Existenzgründung mithilfe vieler Schaubilder und zusätzlich einer beiliegenden CD-ROM.
  • Hoffmann, K. (2012). Prinzip Kostenlos. Weinheim: Wiley-VCH.
    In Prinzip Kostenlos plädiert Kerstin Hoffmann dafür, im digitalen Zeitalter sein Wissen zu teilen, um auf diese Weise auf die eigene Expertise aufmerksam zu machen und Eigenmarketing zu betreiben. Nicht die Personen, die ihr Wissen horten, machen sich interessant für potenzielle Auftraggeber, sondern diejenigen, die relevante Inhalte verbreiten und damit beweisen, dass sie auf ihrem Gebiet Experten sind.
  • Möller, S. (2011). Marketing in der Erwachsenenbildung. Bielefeld: W. Bertelsmann.
    In Ihrem Buch aus der DIE-Reihe „Studientexte für Erwachsenenbildung“ legt Svenja Möller die Grundzüge des Marketings in der Erwachsenenbildung dar. Die Autorin skizziert die Entwicklung des Marketings im Allgemeinen sowie in der Erwachsenenbildung und zeigt die Grenzen und Chancen des Marketings für Weiterbildungseinrichtungen in der Erwachsenenbildung auf. Ein Kapitel widmet sich der schrittweisen Planung einer Marketingstrategie für Angebote von Weiterbildungseinrichtungen. Dies kann auch für Selbstständige im Bereich der Weiterbildung von Nutzen sein.
  • Netzwerk Weiterbildung: www.netzwerk-weiterbildung.info
    Das Netzwerk für die Beschäftigten der Weiterbildungsbranche wird organisiert von ver.di. Ein Schwerpunkt dieses Portals vom Fachbereich Bildung/Wissenschaft ist die Situation der Beschäftigten in der Weiterbildung.
  • Beratungsservice für Solo-Selbstständige von ver.di: www.mediafon.net
    Ein Beratungsservice für Solo-Selbstständige – ebenfalls ein Angebot von ver.di. Erfahrene Selbstständige geben Einsteigern in die Selbstständigkeit Tipps und Informationen an die Hand.

Quellen

Autorengruppe Bildungsberichterstattung. (2014). Bildung in Deutschland. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zur Bildung von Menschen mit Behinderung. Bielefeld: W. Bertelsmann.

Braun, B., Hengst, J., & Petersohn, I. (Hrsg.). (2008). Existenzgründung in der Weiterbildung. Bielefeld: W. Bertelsmann.

Deutsches Institut für Erwachsenenbildung. (2014). Trends der Weiterbildung. DIE-Trendanalyse 2014. Bielefeld: W. Bertelsmann.

Nittel, D. (2000). Von der Mission zur Profession? Stand und Perspektiven der Verberuflichung in der Erwachsenenbildung. Bielefeld: W. Bertelsmann.


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