Erfahrungsbericht

"Besser ist, man fängt mit etwas an, was man gut kann …"

Wie macht man sich selbstständig als Trainer, Dozentin oder Kursleiterin? Woran kann man anknüpfen? Was hat Erfolg? wb-web traf Bernd Leuchter, Verantwortlicher für Aus- und Weiterbildung bei der IHK Köln. Er hat nicht nur Antworten darauf, sondern sechs Tipps, die er den (zukünftigen) Trainerinnen und Trainern mit auf den Weg geben will.

Bernd Leuchter

wb-web: Herr Leuchter, bitte stellen Sie sich kurz vor. Was sind Ihre Schwerpunkte bei der IHK?

Bernd Leuchter: Ich arbeite bei der IHK Köln im Bildungszentrum und entwickle und vermarkte dort Zertifikatslehrgänge vor allem für Fach- und Führungskräfte für die Wirtschaft. Das sind Lehrgänge wie die Trainerausbildung, Kurse für Coachs, Mediation, Vertriebstrainings oder neue Lerntechnologien.

wb-web: Welche Hilfen gibt es von der IHK für angehende Dozentinnen oder Trainer in der Erwachsenen- und Weiterbildung?

Bernd Leuchter: Jede regionale IHK hält umfangreiches kostenloses Material für Selbstständige bereit und berät auch zu diversen Themen der Existenzgründung. Auch wenn sich vieles von diesem Material nicht in erster Linie an freiberufliche Solo-Selbstständige richtet, enthalten die Broschüren auch viele Informationen für die Existenzgründung als Freiberufler. In vielen IHK bilden sich auch Branchen-Netzwerke, in denen man eventuell Aufnahme finden kann.

Und natürlich bieten wir auch Weiterbildungen an und die Möglichkeit der fachlichen persönlichen Beratung. Diese finden Sie bei den Kolleginnen und Kollegen in den Weiterbildungsabteilungen der IHK, die Trainerlehrgänge anbieten oder Sie können mich dazu gerne anrufen.

wb-web: Wie viele Interessenten haben Sie in etwa, die sich in dieser Branche selbstständig machen möchten?

Bernd Leuchter: Unsere Trainerlehrgänge laufen mindestens vier Mal im Jahr, da kommen dann schon bis zu 100 Trainerinnen und Trainer zusammen.

wb-web: Welche inhaltliche Orientierung der Trainerinnen und Trainer hat Ihrer Meinung nach Zukunft? In welche Richtung gehen die Existenzgründungen?

Bernd Leuchter: Inhaltlich sind die Ausrichtungen hier wirklich sehr unterschiedlich. Wenn ich einen Tipp geben soll: Knüpfen Sie an das an, was Sie bereits gut können oder schon vorher gemacht haben. Wenn jemand z.B. im Marketing gearbeitet hat, dann kann er darauf aufbauend als Trainer Fachwissen auf diesem Gebiet anbieten. Das ist das Allerwichtigste.

Es gibt in der Weiterbildung immer wieder „Moden“, meistens irgendwo im „Soft Skill“-Bereich angesiedelt: Das hört sich toll an, wenn man Schulungen für Nachwuchsführungskräfte anbietet zum Thema „Kommunikation“ oder „Konfliktbewältigung“. Wenn man aber selber keine große Erfahrung in diesen Themen hat oder selbst nie eine Führungskraft war, ist die Gefahr zu scheitern groß. Besser, man fängt mit etwas an, was man gut kann und nimmt dann neue Themen nach und nach dazu. Man wächst quasi in die neuen Themen hinein.

Beine eines Menschen sind zu sehen, der Mensch läuft durch ein auf dem Boden gezeichnetes Labyrinth.

Ansetzen an den Dingen, die man kann – das sind gute Voraussetzungen (Bild: Walking the Labyrinth/GPS/flickr.com, CC BY 2.0)

Was neben der inhaltlichen Ausrichtung aber wichtig ist, ist dass man didaktische Konzepte hat und sich mit Blended Learning, also modernen Lerntechnologien auskennt. Sehr viele der Firmen planen bzw. setzen jetzt schon moderne Lerntechnologien ein und wollen in Zukunft verstärkt auf Blended Learning, also die Kombination von Präsenzschulung und web-basierter Unterstützung setzen.

Das Technische lässt sich schnell lernen, schwieriger ist sicherlich, sich die spezielle Didaktik, die Online-Lernen erforderlich macht, anzueignen. Aber das wird in der Zukunft eine immer größere Rolle spielen.

wb-web: Das waren ja jetzt schon viele Hinweise – gibt es noch andere Tipps? Was raten Sie Menschen, die sich als Trainer in der Erwachsenen- oder Weiterbildung selbstständig machen möchten?

Bernd Leuchter: Ich habe sechs Punkte zusammengestellt, die ich wichtig finde:

  1. Akquise: Darüber muss man sich Gedanken machen. Ich erlebe das immer wieder, dass das fast ein „Angstthema“ für viele Trainerinnen und Trainer ist. Man darf das Thema nicht ausblenden – man muss vor allem lernen, wie das geht!
  2. Eine eigene Homepage: Die Gestaltung der Homepage ist essenziell. Wichtig ist hier Ehrlichkeit und Klarheit und Antworten auf die Fragen: Was kann ich? Was sind die Ziele meiner Seminare? Was können Auftraggeber mit meinen Seminaren erreichen? Das ist Ihre Visitenkarte im Netz. Dazu gehören dann auch Profile in den Social-Media-Kanälen.
  3. Nicht den Moden hinterherlaufen: Es ist wichtig, die eigenen Stärken zu finden, also seine eigenen Themen zu identifizieren und auch die eigenen Hierarchieebenen. Wenn man nie als Führungskraft gearbeitet hat, wird man es schwer haben, mit dieser Zielgruppe zu arbeiten.
  4. Langsam „hineinrutschen“: Besser als sich von heute auf morgen selbstständig zu machen ist es, im Rahmen einer Berufstätigkeit nebenberuflich erste Schritte zu gehen. Man sieht das leider immer wieder, wenn Trainer sehr abhängig sind von ihrem Einkommen, weil es das einzige ist, stehen sie sehr unter Druck und nehmen schon mal Aufträge an, die nicht wirklich zu ihnen passen. Das merkt man dann bei der Akquise oder spätestens im Seminar.
  5. Trainerausbildung: Ich empfehle eine solide Trainerausbildung, eine, die auf dem Markt gilt, inklusive einer Prüfung, die nicht „geschenkt“ ist. Aus dem Zertifikat sollte ersichtlich sein, was in der Ausbildung vermittelt wurde.
  6. Netzwerke: Man braucht den Austausch mit anderen Trainerinnen oder Dozenten, um über Dinge zu sprechen, die im Seminar vielleicht nicht so gut gelaufen sind. Man kann auch darüber nachdenken, einen Coach zu engagieren. Die IHK Köln wird in naher Zukunft den Absolventen ihrer Kurse eine Austauschmöglichkeit bieten.

wb-web: Ansonsten gibt es ja auch das Forum von wb-web, da bieten wir ja genau so eine Community.

Scrabble-Spiel

Ein gutes Netzwerk ist enorm wichtig (Bild: nzchrissy2/pixabay.com, CC0)

Bernd Leuchter: Richtig, das ist auf jeden Fall eine gute Möglichkeit.

wb-web: Kommen wir zur finanziellen Seite: Wie sehen Sie die finanzielle Situation der Dozenten und Trainer?

Bernd Leuchter: Also, wir bewegen uns ja mehr in den Kreisen der freien Wirtschaft – da sind Tagessätze zwischen 800 bis 1200 € auch für neu beginnende Trainerinnen und Trainer durchaus möglich. Das muss man als Freiberufler auch verdienen, denn man ist ja zum Beispiel für seine Altersvorsorge verantwortlich. Dann kommt die Rentenversicherung dazu, die Umsatzsteuer. Hier kann man sich von der IHK beraten lassen, aber ich denke, man sollte sich auf alle Fälle einen Steuerberater suchen. Das ist wichtig.

Die Tendenzen am anderen Ende der Honorare, zum Beispiel im Bereich der Bildung von Arbeitslosen sehe ich mit Sorge. Hier sind wir ja oft bei Honorarsätzen von 20 € in der Stunde. Davon kann kein Trainer leben.

wb-web: Gibt es Lösungsansätze für die Verbesserung der finanziellen Situation?

Bernd Leuchter: Ich bin mir sicher, dass das Thema Lernen Zukunft hat, es sich also lohnt, sich beruflich dorthin zu orientieren.

1. Aufgrund des Fachkräftemangels müssen die Firmen intern mehr weiterbilden, das haben sie auch erkannt.

2. Die Anforderungen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Industrie 4.0 verändern sich, hier rücken sicher Qualifizierung und Weiterbildung in den Vordergrund.

wb-web: Sie sind in der IHK zuständig für die Aus- und Weiterbildung. Da suchen Sie sicher auch immer selbst Lehrende für Ihre Angebote? Was ist für Sie als Arbeitgeber wichtig, wenn Sie Trainer oder Seminarleiterinnen suchen?

Bernd Leuchter: Ja, sicher, wir bekommen viele Anfragen und Bewerbungen. Und es ist leider oft so profan – wenn eine Trainerin oder ein Trainer in der Information zu den eigenen Trainingsthemen keine Lernziele formulieren kann, dann lade ich sie oder ihn gar nicht erst ein. Rechtschreibfehler kann man schon mal übersehen. Es gilt auch hier: Lernziele und eine realistische Einschätzung dessen, was man mit seinen Themen und seinem didaktischen Konzept erreichen kann und will. Das muss rüberkommen.

 

Bernd Leuchter arbeitet bei der IHK Köln im Bildungszentrum. Er entwickelt und vermarktet dort Zertifikatslehrgänge vor allem für Fach- und Führungskräfte für die Wirtschaft. Das sind Lehrgänge wie die Trainerausbildung, Kurse für Coachs, Mediation, Vertriebstrainings oder neue Lerntechnologien. www.ihk-koeln.de


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