Handlungsanleitung
Autorität stärken
Wie in jeder Gruppe kann es auch unter Lernenden in der Erwachsenenbildung zu Konflikten kommen. Wie Sie als Kursleiterin oder Trainer hier vorbeugen, beschreibt diese Handlungsanleitung. Schon zu Beginn einer Veranstaltung ist es wichtig, hier die entsprechenden Weichen zu stellen.
Zu Beginn eines Seminars werden höchst selten Konflikte ausgetragen. Aggressive Impulse Einzelner sind zu diesem Zeitpunkt vor allem auf das Bedürfnis zurückzuführen, die unbekannte Situation schnell zu strukturieren und sie zu kontrollieren. Dennoch fallen manchmal bissige Bemerkungen oder skeptische Kommentare, und Verbesserungsvorschläge werden vorschnell vorgebracht. Leitende sollten auf Einwände wie den Folgenden vorbereitet sein.
In dieser ersten Phase des Gruppenprozesses gilt die Maxime, Konfrontationen zunächst zu verschieben oder rhetorisch aufzulösen. Damit potenzielle Störenfriede konstruktiv in den sich entwickelnden Gruppenprozess eingebunden werden können, werden ihre Beiträge gewürdigt – nicht jedoch zugleich berücksichtigt. Im Folgenden stelle ich eine Formulierung vor, die in einer solchen Situation von Nutzen sein kann:
Will man auf Störenfriede reagieren, so sollte man seine Replik nicht mit „Nein“ beginnen. Die Worte „aber“ (Widerspruch) und „weil“ (Rechtfertigung) können durch „und damit“ ersetzt oder weggelassen werden. Auch eine Frage mit „Warum“ übt einen größeren Rechtfertigungsdruck aus als die folgende Formulierung: „Ich habe noch nicht verstanden, aus welchen Gründen ...“.
Diese Maßnahmen können dabei helfen, Störer erfolgreich in die Gruppe zu integrieren:
- Bestätigen Sie dem Gruppenmitglied, dass seine Bemerkung gehört worden ist.
- Würdigen Sie den guten Kern oder den Nutzen des Vorschlags.
- Signalisieren Sie der Gruppe: Ich kenne eure Interessen und das richtige Vorgehen. Ihr seid mit euren Ansichten willkommen.
- Treten Sie souverän auf. Lassen Sie sich weder in einen Konflikt hineinziehen, noch geben Sie als Experte bei erstbester Gelegenheit die eigenen Ideen auf.
Auch die Festlegung der Pausen verlockt Teilnehmende zu Widerspruch. Es kennzeichnet den professionellen Umgang mit diesen Situationen, wenn es gelingt, hier angemessen und ohne Autoritätsverlust zu reagieren, weder den Vorschlägen zu folgen, noch in einen Konflikt zu stolpern. Mit dem ersten Eindruck, den Leitende geben, setzen sie auch symbolisch ein Zeichen für ihre Vorstellung von der weiteren Zusammenarbeit.
Wie auch immer die Leitenden reagieren – sie sind stets ein Beispiel dafür, wie mit Kritik umgegangen wird. Besonnenes und souveränes Auftreten vermittelt nicht nur die notwendige Autorität, sondern die Teilnehmenden werden auch froh sein, wenn die Austragung von Konflikten hintangestellt wird.
Auszug aus dem Perspektive Praxis Band "Souverän Seminare leiten" von Wolf-Peter Szepansky, angepasst durch Angelika Gundermann (18.04.2016), nicht unter freier Lizenz, letztmalig geprüft am 25.09.2023
Szepansky, W.-P. (2010). Souverän Seminare leiten. Bielefeld: W. Bertelsmann. S. 146 ff.