Es gibt verschiedene Ursachen für Lernbarrieren und Lernwiderstände, die je nach Zielgruppe variieren können. In der Arbeit mit Geringqualifizierten stößt man oftmals auf Menschen, die aufgrund schlechter Lernerfahrungen nicht gerade viel vom Lernen halten. Dies ist verbunden mit Demotivation und mangelnd ausgeprägter Teilnahmebereitschaft. Die zurückliegenden Schul- und Ausbildungsverläufe sind für viele Teilnehmende mit negativen Erfahrungen wie Prüfungsangst und Leistungsdruck verbunden, denen sie sich nicht wieder aussetzen möchten. Deshalb stehen sie Weiterbildungsangeboten von Anfang an skeptisch gegenüber. Ältere Lernende zweifeln z.B. an ihrer Lernkompetenz und trauen sich nicht zu, noch Neues zu lernen, vor allem wenn dies durch neue, moderne Medien erfolgen soll. Die lange Abwesenheit von Schulungserfahrungen oder allgemein von formalem Lernen, aber auch Erinnerungen an einen Schulalltag, der allein von klassischem Frontalunterricht geprägt war, können Lernwiderstände bedingen. Auch die im bisherigen Bildungsverlauf mangelnde Methodenvielfalt, die den jeweiligen Lerntypen, Lernvorlieben und Lerntempi der Teilnehmenden nicht entsprochen hat und bewirkte, dass das Lernen als mühselig, schwierig und ohne Erfolgserlebnisse erlebt wurde, wirkt sich negativ auf Lernverhalten und Motivation aus. Und schließlich: Auch die unfreiwillige Teilnahme an Schulungen löst Barrieren im Lernen und Lernwiderstände aus.
Neue Lernerfahrungen ermöglichen
Nun kann man den Teilnehmenden ihre Lernerfahrungen und die Wirkungen dieser Erfahrungen auf ihre aktuelle Haltung zum Lernen und ihre Teilnahmemotivation nicht einfach ausreden. Sie müssen ernst genommen werden. Denn nur wenn es gelingt, durch neue Lernerfahrungen an negativen Einstellungen zum Lernen zu rütteln, nur wenn es gelingt, den Nutzen einer Schulung sicht- und spürbar zu machen, entsteht bei Teilnehmenden die Bereitschaft, aus eigener Motivation heraus an der Weiterbildung teilzunehmen und sich auf Lernen einzulassen. In der Bildungsarbeit mit Geringqualifizierten hat es sich dabei bewährt, mit niederschwelligen Lernangeboten und Lerninhalten zu starten, die sich durch einen hohen Praxis- und Anwendungsbezug auszeichnen. Warum? Am ehesten entstehen positive Lernerfahrungen für die Lernenden, wenn die Themen unter größtmöglichem Einbezug der Teilnehmenden, durch aktives Tun und gemeinsames Interagieren erarbeitet werden und schnell erste Lernerfolge sicht- und spürbar werden.
Dieses praxisorientierte, auf Nützlichkeit und schnellen Lernerfolg zielende Lern-/Lehrkonzept, wie wir es im Projekt Garden– Pflanze deine Bildung realisiert haben, erweist sich als probates Mittel, um Lernbarrieren und -widerstände aufzubrechen und zielführendes Lernen zu ermöglichen. Zielgruppe von „Garden – Pflanze deine Bildung“ sind vor allem geringqualifizierte Jugendliche sowie jugendliche Migranten und Migrantinnen mit negativen Schulerfahrungen. Das Konzept ließe sich aber auch auf Erwachsene übertragen. Die Lernenden sollen sich verschiedene Basic Skills, EDV-Kenntnisse sowie Alltagskompetenzen und praktische Arbeitserfahrungen im Kontext „Garten und Natur“ aneignen. Sie sind z.B. aufgefordert, selbstständig ein Gartenbeet anzulegen, dieses zu bepflanzen, zu pflegen und die Früchte der Ernte zu verarbeiten. Das Wissen darum, wie das geht, müssen sich die Lernenden selbst aneignen. Die dazu erforderlichen Recherchen, die mittels verschiedener Medien getätigt werden, das Einholen von Informationen und Kostenvoranschlägen, die Durchführung notwendiger Berechnungen, die Erledigung von Einkäufen, kurzum, die ganz praktische Umsetzung der verschiedenen Arbeitsschritte ermöglichen ein Lernen en passant. So zu lernen ist für die Teilnehmenden eine ganz neue und positive Erfahrung. Durch das gemeinsame Gärtnern, Ernten und Verarbeiten der Produkte lernen die Teilnehmenden darüber hinaus, Nahrungsmittel zu schätzen und bekommen Anregungen, wie sie sich gesünder und bewusster ernähren können. Das Lernen erweist sich für sie als nützlich. Lernen ist durch dieses Projekt für viele Teilnehmende zum ersten Mal mit einer positiven Erfahrung verbunden.
Zufriedenstellende Lernergebnisse
Das implizite, aber hoch praxisorientierte Lernen im Projekt stellt eine gute Möglichkeit dar, Lernbarrieren und -widerständen entgegenzutreten und sie sukzessive abzubauen. Der bereits erwähnte praktische Nutzen, das vielseitige und zur aktiven Mitarbeit einladende Lernsetting, die Möglichkeit, nach individuellen Bedarfen und Interessen sich den Lerninhalten zu nähern und sich mit ihnen auseinander zu setzen, erweisen sich zudem als Schlüssel dazu, zufriedenstellende Lernerlebnisse zu ermöglichen. Die Chancen, Lernziele zu erreichen sind so maßgeblich erhöht. Und: Die Teilnehmenden machen die Erfahrung, dass Lernen auch Spaß machen kann.
CC BY-SA 3.0 by Helmut Kronika und Claudia Prasch-Hofer für wb-web