Handlungsanleitung
Manche Geringqualifizierte meinen, dass es ihnen schwer fallen werde zu lernen und sie ihre Ziele möglicherweise gar nicht erreichen können. Ihnen einfach nur zu widersprechen und Mut zu machen – Sie schaffen das schon! – ist zwar eine nette Geste, hilft den Lernenden aber nur selten. Denn diese fühlen sich so mit ihren Sorgen nicht ernst genommen. Besser ist es, ihnen das Gegenteil zu beweisen und Ihnen zu Optimismus im Lernen zu verhelfen.
Um Lernen sichtbar zu machen, braucht es keine Magie. Drei wichtige Prinzipien wie Lernen einfach sichtbar gemacht werden kann, stellen wir Ihnen dazu im Folgenden vor:
- Lernanforderungen transparent machen,
- Lernergebnisse greifbar machen,
- Ergebnisse in kurzen Abständen dokumentieren.
Lernanforderungen transparent machen
Damit Lernanforderungen transparent werden, gilt es bestimmte Fragen zu beantworten: Was soll in welchem Zeitraum, auf welche Weise, mit welchem Ergebnis gelernt werden? Was werden die Lernenden am Ende können? Wozu können sie es nutzen?
Was nach Leitfragen für ein didaktisches Konzept klingt, ist auch so gemeint. Die Lernenden benötigen zu Beginn eine Orientierung über den Lernprozess und über das Lernergebnis. Die Lernanforderungen müssen transparent sein. Es muss also klar sein, was die Lernenden tun müssen, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Und das Ziel muss ihnen realistisch erscheinen.
Orientierung über die Woche
Idealerweise steht also am Anfang einer Unterrichtsreihe oder Woche immer ein Gespräch über die anstehenden Lernaufgaben. Die Lernenden sollen mit den Zielsetzungen der Lerneinheit vertraut gemacht werden. Wenn sie „wissen was auf sie zukommt, können sie sich leichter auf das Thema einstellen. Es fällt ihnen dann auch leichter, mitzudenken, mit zu planen und zu kontrollieren, was im weiteren Unterrichtsverlauf passiert. Sie können Änderungsvorschläge machen und deren Einhaltung besser überprüfen. (…) Durch die Orientierung (der Lernenden) über den geplanten Unterrichtsverlauf wird die Verbindlichkeit der Arbeit gesichert.“ (Hilbert Meyer 2003, S. 130). Auch wenn zu Beginn die Lehrenden einen größeren Aktivitätsanteil haben, gilt es in Lernprozessen mit Erwachsenen, auf jeden Fall deren Erfahrungen und Zugänge zum jeweiligen Thema mit einzubeziehen, zum Beispiel in Form eines Brainstormings.
Günstig ist es, die verschiedenen Lernetappen auf einem Plakat zu visualisieren. Thema, Zeitpunkt, Arbeitsform, Aufgaben werden so transparent für die Lernenden. Dieses Vorgehen hat zwei Vorteile für die Lernenden:
- Die Lernenden wissen, was wann auf sie zukommt.
- Am Ende der Woche oder des Tages können die Lernfortschritte in einem Feedback-Gespräch reflektiert werden.
Lernplakate
Am Ende einer Lerneinheit erhält die Gruppe die Aufgabe, eines oder mehrere Lernplakate zu entwickeln. Auf den Plakaten sollen die Gruppe die Ergebnisse der zurückliegenden Lernprozesse darstellen. Die Erarbeitung dient der Vergewisserung, was alles gelernt worden ist. Durch die Aktivität der Herstellung wird das Gelernte gefestigt. Durch die Kooperation im Team können unterschiedliche Aspekte beigetragen werden, denn einzelne Lernende werden kaum alles zu dem Thema verinnerlicht haben oder wiedergeben können. Die Lernplakate können auch dazu dienen, wichtige grammatikalische Regeln oder mathematische Formeln immer vor Augen zu haben.
Für ein Lernplakat werden folgende Hilfsmittel benötigt: ein großes Plakat, z. B. Pinnwandpapier, Flipchartpapier oder die Rückseiten großer Plakate im Format A 0 oder A 1 (z. B. Filmplakate).
Die Lernenden sollen sich noch einmal auf die vorausgegangenen Unterrichtsstunden konzentrieren, indem sie das Thema wiedergeben, ihren individuellen Lernfortschritt dokumentieren. Sie sollen das erwähnen, was ihnen besonders Spaß gemacht hat oder auch nicht. Wichtig ist, dass sie notieren, was sie nicht verstanden haben, was sie gerne noch mehr wissen wollen und wie und mit wem sie dieses zusätzliche Wissen erarbeiten wollen.
Das stärkt die Eigenverantwortung, regt zu Aktivitäten an und fördert die Zusammenarbeit und den Austausch in der Lerngruppe. Das Gefühl, Wichtiges nicht verstanden zu haben, kann durch die Wiederholung und durch das Gespräch mit den Lehrenden in der nächsten Stunde verscheucht werden.
Sie sollen aber auch herausfinden können, unter welchen Umständen sie gut oder weniger gut gelernt haben, um ihre eigenen Lernstrategien darauf einstellen zu können. Wem es zum Beispiel schwer fällt, Vorträgen von Lehrenden zu folgen, der sollte daraus die Konsequenz ziehen, das Thema am Nachmittag mit der Lerngruppe noch einmal zu besprechen, indem alle wichtigen Aspekte zusammengetragen und offene Fragen für die nächste Stunde notiert werden.
Was ist uns gut gelungen? | Was sollten wir in Zukunft besser machen? | Was wussten wir bereits? | Was haben wir Neues gelernt? | Mein bedeutendster Lernfortschritt |
Lernergebnisse praktisch greifbar machen
Wie können Erfolge sichtbar gemacht werden? Am besten dadurch, dass etwas Praktisches entsteht. Das geht nicht bei jedem Lernstoff, aber dort, wo es möglich ist, sollten Sie es als Kursleitende tun! Praktische Projekte, anwendungsbezogenes Lernen lädt die Lernenden dazu ein, sich zu ergänzen, ihr Vorwissen und ihre Erfahrungen einbringen, miteinander die beste Vorgehensweise auszuhandeln und etwas Neues dazu lernen.
Der Vergleich Vorher – Nachher bietet viele Aufschlüsse über die vielen vorhanden Kompetenzen und Stärken, über die Gruppenprozesse und darüber, was die einzelnen Gruppenmitglieder für sich Neues gelernt haben und wie sie es lernen konnten.
Solche gemeinsamen Praxiseinsätze helfen die These zu widerlegen: „Ich kann doch nichts lernen“. Ein großer Teil der Geringqualifizierten dürfte durch praktisches Tun besser lernen können als durch Zuhören oder Bücherlesen. Deshalb sollten praktischen Projekte einen hohen Anteil in einem Methodenmix aus unterschiedlichen Lernformen haben.
Ergebnisse in kurzen Abständen dokumentieren
In Bildungsmaßnahmen, die auf Prüfungen vorbereiten, ist es hilfreich, am Ende einer Woche – oder jede zweite Woche – eine kleine Leistungsüberprüfung durchzuführen. Das klingt auf den ersten Blick hart, hat aber für die Lernenden den ungeheuren Vorteil, dass sie eine belastbare Rückmeldung über das Gelernte bekommen. Sie können sich anschließend zurücklehnen in der Gewissheit, mit dem positiven Ergebnis später auch in der Prüfung gut dazustehen. Oder sie bekommen konkrete Hinweise, was sie bis zur Abschlussprüfung noch lernen sollten. Die beständige Unsicherheit, nicht genug zu wissen, kann dadurch vermieden werden. Je kürzer die Abstände sind, desto geringer ist das Risiko, am Ende viel Zeit zum Nachholen von versäumtem Lehrstoff aufwenden zu müssen.
Solche Leistungsüberprüfungen müssen gar nicht den abschreckenden Charakter von „Klassenarbeiten“ haben, wie sie aus der Schule bekannt sind. Aufgaben zu stellen, um sie schriftlich oder praktisch bearbeiten zu lassen, gehört zum täglichen Methodeneinsatz. Der Unterschied besteht nur darin, dass sie am Ende ohne Hilfestellung durch andere gelöst werden müssen. Damit wird gleichzeitig auch eine gewisse Routine in Bezug auf das Prüfungsgeschehen der Abschlussprüfung entwickelt.
In der abschlussorientierten modularen Nachqualifizierung für An- und Ungelernte gehört die Durchführung einer Leistungsüberprüfung am Ende eines Moduls bzw. einer Teilqualifikation zu den Standards. Sie orientieren sich in Form und Inhalt an der Struktur der Abschlussprüfungen. In der Regel wird eine praktische Arbeitsaufgabe oder Arbeitsprobe sowie ein schriftlicher Test durchgeführt, oft mit hohen Anteilen an geschlossenen Fragen. Die Funktion dieser Leistungsüberprüfung besteht in erster Linie darin, den Lernenden eine Rückmeldung zu geben, dass sie die Kompetenzen auf dem Niveau besitzen, wie es in der Abschlussprüfung gefordert wird. Dies wird mit dem Modulzertifikat dokumentiert. In relativ kurzer Zeit (nach zwei bis drei Monaten) bereits das erste Modulzertifikat mit Erfolg bestanden zu haben, hat auf die Lernenden eine nicht zu unterschätzende bestärkende und motivierende Wirkung.
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