Erfahrungsbericht
Eine hohe Bereitschaft und Motivation ist vorhanden
Die Lernbedingungen sind nicht immer optimal
Die Situation spitzte sich jedoch gegen Ende 2015 enorm zu. Während der Fortgeschrittenenkurs meiner Kollegin eine Teilnehmerzahl von maximal zehn nicht überschritt, kamen wöchentlich immer mehr neue Flüchtlinge hinzu.
Wie der Zufall es wollte, kam ein weiterer Ehrenamtler auf uns zu – die Rettung! So wurde das Lernen umorganisiert, und es lernten in einem Raum gemeinsam zwei Gruppen. Viel gegenseitige Rücksichtnahme ist erforderlich, das Einsetzen eines CD-Players undenkbar in dieser Situation. Die Situation wurde extremer, da zwar meine eigene Gruppe jetzt relativ stabil war, die Heterogenität in der Gruppe des Ehrenamtlers aber zunahm.
Wiederum sollten wir von Glück beschert werden: Eine weitere Ehrenamtlerin trat an uns heran. So wurde in dem Raum ein Lernen für drei Gruppen entwickelt. Aber die Grenze ist erreicht. Durch einen zweiten Arbeitsamtskurs, den meine Kollegin leitet, versuchen wir jetzt, das Großraumlernen zu verringern. Die zweite Ehrenamtlerin unterstützt meine Kollegin in dem neuen Arbeitsamtskurs. Jedoch bleibt die Lage weiterhin prekär, und wir sind auf der Suche nach einer dritten Ehrenamtlerin – zumal unser männlicher Ehrenamtler im April 2016 für längere Zeit ausscheiden wird.
Prekär ist die Lage auch insoweit, dass das Alphabetisierungsheft zwar wunderbar didaktisch aufgearbeitet ist und inhaltlich eine hervorragende Verkürzung des eigentlichen Kursbuchs darstellt, jedoch noch immer zu schwierig für den „klassischen“ Analphabeten ist. Lehrende müssen sich von allen ihnen antrainierten Lernmöglichkeiten und -erfahrungen frei machen, denn es ist in diesen Fällen äußerst schwierig, Ansatzpunkte zu finden. Diese Teilnehmenden sind nicht nur in ein komplettes neues soziales Umfeld gelangt, sondern auch völlig ungeübt in Lernsituationen geraten, mit denen sie nicht zurechtkommen. Das wird das kommende Ziel sein, Möglichkeiten des Anknüpfens zu finden.
Die Heterogenität und das offene Lernangebot sind eine riesengroße Herausforderung. Aber im Großen und Ganzen ist der Deutschunterricht für Flüchtlinge eine hochmotivierende und sehr befriedigende Tätigkeit.
CC BY-SA 3.0 DE by Gaby Portz-Wagner für wb-web