Wissensbaustein

Kollaboratives Schreiben

Wie die gemeinsame Arbeit an Texten Ihre Seminare bereichert

Die Arbeit mit Texten ist von großer Bedeutung in der Bildungsarbeit. Digitalisierung und Vernetzung eröffnen neue Möglichkeiten, die Ihren Veranstaltungen zugutekommen. Ein Beispiel hierfür sind Werkzeuge, die zeit- und ortsunabhängig das Erstellen und gemeinsame Bearbeiten von Inhalten erlauben. Welche Möglichkeiten es gibt und auf was man achten sollte, lesen Sie in diesem Wissensbaustein.

Ameisen bauen eine Brücke zwischen zwei Pflanzen

Gemeinsam erreicht man einfach mehr (Bild Rose Thumboor/wikimedia.org, CC BY-SA 4.0)

DefinitionWas ist das?

Kollaboratives Arbeiten bedeutet, dass mehrere Personen oder Gruppen am selben Inhalt arbeiten. Wenn Teilnehmende auf diese Weise etwas zusammen erstellen, kann das zeitgleich oder auch zeitversetzt stattfinden, mit oder ohne Moderation. Verschiedene Textteile können von unterschiedlichen Autorinnen und Autoren beigesteuert werden, die als solche erkennbar bleiben. Das gemeinsame Produkt kann aber auch so entstehen, dass alle zu allen Teilen etwas beitragen. Kurz: Kollaboratives Arbeiten bezeichnet eine intensive Form der Kooperation. Oft sind damit Formen der Zusammenarbeit gemeint, die – zumindest teilweise – selbstorganisiert sind.

GeschichteWoher kommt das?

Ursprünglich ist der Begriff „Kollaboration“ aus dem französischen „collaboration“ entlehnt und steht für Mit- oder Zusammenarbeit. Für viele ist er negativ besetzt, denn in einer Bedeutung bezeichnet das Wort die Zusammenarbeit mit dem (politischen) Feind bzw. der Besatzungsmacht. Mittlerweile hat der Begriff eine Wandlung erfahren. Mit dem Aufkommen von internetbasierten Werkzeugen, die die Zusammenarbeit über Abteilungs-, Länder- oder Sprachgrenzen hinweg ermöglichen, ist der Begriff mit einer abgewandelten Bedeutung und positiv besetzt wieder in unsere Alltagssprache gelangt. Er steht dafür, etwas gemeinsam, in einer Gruppe, zu erarbeiten. 

MerkmaleWie geht das?

Das kollaborative Arbeiten hat viele Facetten. Im Folgenden erfahren Sie Näheres über einige ausgewählte Merkmale. 

Zeitgleich oder zeitversetzt

Beides ist möglich und beide Varianten haben ihre Stärken: Wenn asynchron gearbeitet wird, kann jeder und jede in der eigenen Geschwindigkeit vorgehen. Beim zeitgleichen Arbeiten kann man in sehr kurzer Zeit viel erreichen und auch Teilnehmende, die sich erst in ein Thema einarbeiten, können etwas zum großen Ganzen beitragen.

An einem Ort oder verteilt

Wenn Teilnehmende, die sich an unterschiedlichen Orten aufhalten, über das Internet auf dieselben Inhalte zugreifen und sich darüber austauschen, dann entsteht ein gemeinsamer Lernraum. Aber auch wenn alle am selben Ort sind, kann internetbasiert gearbeitet werden: Alle greifen auf dieselben Inhalte zu, die Ergebnisse sind für alle direkt sicht- und somit auswertbar.

Autorenschaft erkennbar machen  – oder nicht

Sind die einzelnen Textteile einem Autor oder einer Autorin zugeordnet oder nicht? Daran wird auch die Intensität der Zusammenarbeit deutlich: Je intensiver kollaboriert wird, also beispielsweise alle in allen Textteilen arbeiten, ergänzen oder auch löschen, desto weniger Bedeutung hat die individuelle Autorenschaft, weil sich Abschnitte nicht mehr eindeutig Personen zuordnen lassen.

Koordination

Für Zusammenarbeit braucht man Regeln: Die können beim kollaborativen Arbeiten in einem ebensolchen Prozess entstehen oder sie sind vorgegeben. Geregelt werden muss sowohl die inhaltliche als auch die organisatorische Zusammenarbeit: Gibt es Hierarchien? Dürfen alle alles oder gibt es eine Person, die das Endprodukt letztlich abnimmt?

Wie fein das Regelwerk ist, ist vom Lernziel und dem gewünschten Endprodukt abhängig: So kann es sinnvoll sein Standards für Texte festzulegen, beispielsweise wie mit Fremdwörtern  umgegangen wird und wie ein geschlechtergerechter Sprachgebrauch umgesetzt werden kann. Je mehr Mitspracherecht der oder die Einzelne hat, desto aufwendiger ist die Koordination.

HandlungsfelderWo brauche ich das?

Kollaboratives Arbeiten ist sowohl für die Organisation von Bildungsarbeit interessant als auch für den methodischen Einsatz im Seminar. In beiden Fällen kann es Transparenz und Partizipation fördern. Zunächst zum ersten Punkt: 

Organisation von Bildungsarbeit

Wer schon einmal versucht hat, mit mehreren Personen, die nicht zur selben Zeit am selben Ort sind, an einem Protokoll oder einem Seminarplan zu arbeiten, weiß wie schwierig das ist: Wer hat jetzt die aktuellste Version verschickt? Haben sie alle  bekommen? Eine Datei im Netz kann da Abhilfe schaffen: Es gibt ein zentrales Dokument, an dem alle arbeiten. Die Bearbeitung kann zeitgleich erfolgen oder versetzt, je nachdem wie die Beteiligten das wünschen und wie es sinnvoll ist. Sowohl mit sogenannten Etherpads als auch mit geteilten Dokumenten im Netz (z.B. Google Docs) ist das umsetzbar. Beide bieten – wie alle Anwendungen, die die internetbasierte Zusammenarbeit unterstützen – eine Art Meta-Bereich, in dem sowohl inhaltliche Fragen als auch solche zur Zusammenarbeit geklärt werden können. Bei geteilten Textdokumenten ist das beispielsweise eine Kommentarfunktion. Beim Etherpad gibt es einen Chat, den man nutzen kann, um übergeordnete Fragen zu klären. Einsetzen kann man das sowohl für die kurzfristige, spontane Zusammenarbeit, als auch langfristig: Ein Beispiel für ersteres ist ein während einer Konferenz gemeinsam erstelltes Protokoll. Dafür wäre ein Etherpad gut geeignet. Man braucht lediglich den Link herumzuschicken und alle die möchten, können mitschreiben. Für eine langfristige Zusammenarbeit eignen sich eher geteilte Dokumente im Netz, wie z.B. Google Docs, denn sie bieten den Komfort moderner Textverarbeitungen.

Einsatz im Seminar

Das gemeinsame Schreiben motiviert   Teilnehmende. Sie bringen ihre Kenntnisse ein und nehmen sich als ein wichtiger Teil einer Gemeinschaft wahr, die zusammen Inhaltliches erarbeitet. Ob jede und jeder einzelne Bausteine liefert, die dann zu einem Ganzen zusammengesetzt werden oder ob alle alles bearbeiten und das Ergebnis ein Produkt der Gruppe ist, kann mit den Teilnehmenden ausgehandelt werden. Das birgt die Chance, auch über Hierarchien und den Umgang mit den Beiträgen anderer zu diskutieren.

Einige Tools sind eher für das synchrone Arbeiten geeignet, andere für das asynchrone. Ein Beispiel für ersteres ist das Etherpad; ein Werkzeug, das das asynchrone, zeitversetzte Arbeiten unterstützt, sind Wikis.

DiskussionWas wird diskutiert?

Ein dauerhaftes Diskussionsthema ist der Datenschutz: Wo werden die Daten gespeichert? Welche Rechte am gemeinsam Erarbeiteten gibt man an die Betreiber der Plattform (z.B. Google) ab? Die Kernfrage ist, wie die Seminararbeit auf nicht-eigenen Plattformen verantwortlich organisiert werden kann. Dabei ist die Medienkompetenz aller Beteiligten wichtig. Die Nutzung (und damit Unterstützung) von nicht-kommerziellen Plattformen ist ebenso eine Alternative wie der Aufbau eigener technischer Infrastrukturen. Lesen Sie hierzu auch den Wissensbaustein "Rechtliche Grundlagen für Lehren und Lernen mit digitalen Medien".

Internationale BezügeWie sieht man das woanders?

Wie mit den Themen Datenschutz, Autorenschaft und Hierarchien beim gemeinsamen Arbeiten umgegangen wird, ist auch eine kulturelle Frage. Daher finden Diskussionen zu diesen Themen in unterschiedlichen Umfeldern mit unterschiedlichen Schwerpunkten und in unterschiedlicher Intensität statt. Beim Einsatz solcher Tools über das eigene kulturelle Umfeld hinaus ist es daher wichtig, dies zu reflektieren.


Service

Verwandte Begriffe

Kollaboratives Arbeiten, E-Collaboration, Collaboration, Social Collaboration, Wissensmanagement

Zur Reflexion

  • Überlegen Sie sich ein Szenario, in dem Sie das kollaborative Arbeiten an Texten im Rahmen Ihrer Bildungsveranstaltung einsetzen können.
  • Notieren Sie sich drei Themen, die sich für kollaborative Arbeit anbieten.

Literaturliste

  • Software zum gemeinsamen Arbeiten
    Auf dieser Wiki-Seite werden nicht nur Tools zum gemeinsamen Verfassen von Texten vorgestellt, sondern auch Werkzeuge, mit denen gemeinsam Bilder oder Skizzen erstellt werden können. Siehe auf der gleichen Plattform auch den Artikel zu kooperativem Schreiben.
  • Kollaboratives Schreiben & Wikis
    „Mehrere Autoren schreiben an einem Text – kollaboratives Schreiben ist bei der Zusammenarbeit im Netz einfach, praktisch und nicht mehr weg zu denken.“ In der Artikelsammlung auf pb21.de werden unterschiedliche Möglichkeiten und mögliche Einsatzszenarien vorgestellt.
  • Gemeinsam arbeiten – gemeinsam mehr wissen?
    Kollaboratives Arbeiten in der historisch-politischen Bildungspraxis: Zusammenfassung der Erfahrungen eines Werkstattprojekts das u.a. den Fragen nachgeht, wie sich Kooperation von Kollaboration unterscheidet und wie sich kollaboratives Arbeiten im Bildungsbereich umsetzen lässt. 
     

Quellen
  • Bundeszentrale für politische Bildung (2015). Gemeinsam arbeiten – gemeinsam mehr wissen? Abgerufen von https://www.bpb.de/lernen/digitale-bildung/werkstatt/210491/gemeinsam-arbeiten-gemeinsam-mehr-wissen 
  • pb21.de (2015). Kollaboratives Schreiben & Wikis. Abgerufen von http://pb21.de/category/dienste-werkzeuge/kollaboratives-schreiben-wikis/
  • ZUM-Wiki (2015). Software zum gemeinsamen Arbeiten. Abgerufen von http://wikis.zum.de/zum/Software_zum_gemeinsamen_Arbeiten
  • ZUM-Wiki (2013). Kooperatives Schreiben. Abgerufen von http://wikis.zum.de/zum/Kooperatives_Schreiben


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