Erfahrungsbericht
Heterogenität als Störung oder Vielfalt als Chance?
Die Unterschiedlichkeit von Teilnehmenden professionell nutzen
Bei BEST - Institut für berufsbezogene Weiterbildung und Personaltraining GmbH in Wien, welches vor allem Schulungen im arbeitsmarktpolitischen Bereich für den Arbeitsmarktservice in Österreich anbietet – zeigt sich die Heterogenität der Zielgruppe in beinahe allen durchgeführten Weiterbildungsprojekten.
Frauen und Männer verschiedenen Alters, mit/ohne Migrationshintergrund, variierenden Bildungs-, Berufs- und Lebensbiografien sowie variierender Dauer der Arbeitslosigkeit sowie Motivation und Engagement hinsichtlich ihrer beruflichen (Re-)Integrationsbemühungen, finden sich z.B. in den AMS Schulungsprojekten Neue Wege, New Skills – Fachkurs für den Bereich Büro, Verwaltung, Handel & Einzelhandel, ams.job.werkstatt und weiteren. Aber auch in Projekten mit vermeintlich homogenen Teilnehmendengruppen, wie z.B. im Projekt Wiedereinstieg mit Zukunft, in dem Wiedereinsteigerinnen nach der familienbedingten Berufsunterbrechung beim beruflichen Wiedereinstieg unterstützt werden, sind wir uns der vorherrschenden variierenden Komponenten und Konstellationen bewusst, die ein heterogenes Gruppengefüge bedingen. Ungeachtet der jeweiligen Zielgruppenzugehörigkeit, sind auch die jeweiligen Interessen, Lern- und Übungsbedarfe, Lerntypen, Lerntempi etc. zu berücksichtigende Faktoren, welche die Heterogenität der Teilnehmenden in Kurs-/Lerngruppen determinieren. Heterogenität wird dabei als etwas sehr Wertvolles erachtet, da durch sie vielfältige Ressourcen und Synergien professionell genutzt werden können. Indem die Teilnehmenden zur aktiven Einbringung ihrer Ressourcen und ihres Wissens in die Gruppe ermutigt werden, kann auch eine sichtbare Steigerung des Selbstbewusstseins der Teilnehmenden erzeugt werden.
Dazu braucht es aber eine individuelle Einbeziehung der Teilnehmenden durch Trainer und Trainerinnen sowie Coaches. Hierzu werden viele unterschiedliche Methoden in Bezug auf die Heterogenität der Gruppe eingesetzt, welche besonders das mit- und voneinander Lernen positiv beeinflussen.
Als Beispiele für eingesetzte Methoden sind hier etwa (Lern-)Tandems zu erwähnen, um vor allem den Austausch zu fördern, oder aber auch Stationenbetriebe im Rahmen von Bewerbungstrainings.
Ein Praxisbeispiel eines BEST-Projekts, das sich besonders mit der Thematik der Heterogenität auseinandersetzt, ist die „ams.job.werkstatt“, welche für das Arbeitsmarktservice Wien konzipiert wurde. Dieses Angebot wurde für arbeitslos vorgemerkte Personen beim Arbeitsmarktservice Wien entwickelt, welche das Angebot der Aktivierung benötigen, um einen baldigen (Wieder-)Einstieg in den Arbeitsmarkt zu bewerkstelligen.
Bei diesem Projekt zeigt sich die Heterogenität der Zielgruppe in ihrem vollen Ausmaß, da Frauen und Männer unterschiedlichsten Alters, mit variierender Herkunft, stark variierenden Bildungs-, Berufs- und Lebensbiografien sowie anvisierten Berufsperspektiven und unterschiedlicher Dauer der Arbeitslosigkeit sowie Motivation und Engagement bei der Arbeitssuche vertreten sind. In diesem Projekt wird daher sehr bedarfsorientiert und flexibel auf die Teilnehmenden eingegangen um möglichst rasch den (Wieder-)Einstieg im gewünschten Berufsfeld zu garantieren. Daher liegen die Schwerpunkte in folgenden Bereichen:
- individuelle Unterstützung und Beratung,
- Auswahl aus Angeboten und einer Vielzahl differenzierter Workshops (Wahlmodule).
Spezielle Workshop-Angebote richten sich dabei an die Subzielgruppen Frauen, Migranten und Migrantinnen sowie Personen 50+.
Die Besonderheit an diesem Projekt ist vor allem die individuelle Herangehensweise, die sich unter anderem auch durch den persönlichen „Bezugscoach“ der Teilnehmenden und die personalisierte Arbeitsweise zeigt.
In allen Angeboten von BEST werden auch Gender Mainstreaming und Diversity Management als allgegenwärtige Themen gelebt. Dabei ist es für alle Trainer und Trainerinnen verpflichtend ein aktuell gültiges Diversity-Management-Zertifikat vorzuweisen. Dazu werden auch im Kursangebot von BEST die Themen „Gender Mainstreaming in der praktischen Bildungsarbeit“ und „Managing Diversity“ angeboten. „Gender Mainstreaming in der praktischen Bildungsarbeit“ erörtert dabei die Thematik Gender Mainstreaming, das eigene Gender-Verständnis sowie Gender kompetentes Lehr-/Lernverständnis. Die Praxisrelevanz der besprochenen gendergerechten Bildungsprozesse ist dabei von oberster Priorität.
„Managing Diversity“ wiederum liefert Trainern und Trainerinnen das perfekte Rüstzeug für den bewussten Umgang mit sozialen Differenzen, wobei Strategien der Wahrnehmung des „Fremden“ als Ergänzungspotenzial und die Schaffung einer couragierten „transkulturellen Bereitschaft“ im Vordergrund stehen. Auch hierbei stehen praxisrelevante Erfahrungsbeispiele sowie Interaktions- und Kommunikationstrainings klar im Mittelpunkt.
Helmut Kronika ist geschäftsführender Gesellschafter von BEST Institut für berufsbezogene Weiterbildung und Personaltraining GmbH und verantwortlich für die Organisation und Durchführung zahlreicher großer Bildungs- und Beratungsprojekte im arbeitsmarktpolitischen Kontext in Österreich sowie für Entwicklungs- und Trainingsprojekte in verschiedenen europäischen Ländern. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in innovativen Bildungsprogrammen für benachteiligte Zielgruppen, unter anderem im Bereich Basisbildung. Vorangegangene Tätigkeiten in der Erwachsenenbildung (seit 1993) umfassen Unterricht und Beratung für Arbeit suchende Personen, Kursmanagement sowie Konzepterstellung und Evaluierung von Projekten in der berufsbezogenen Aus- und Weiterbildung.
Elisabeth Ulz, Diplomstudium Pädagogik (Schwerpunkte: psychoanalytische Pädagogik sowie Heilpädagogik und integrative Pädagogik) an der Universität Wien. Danach Lernbegleiterin, Bildungsreferentin mit Schwerpunkt Konzeptionierung, Koordination, Organisation und Durchführung von Aus- und Weiterbildungen, Mitarbeiterin im Bereich Produkt- & Projektmanagement bei BEST.
CC BY SA 3.0 by Helmut Kronika und Elisabeth Ulz für wb-web