Handlungsanleitung
Selbstständiges Lernen mit dem Lernquellenpool
Mit selbstgesteuertem Lernen sowie individualisierter und flexibler Lerngestaltung gewinnen die Lernmaterialien und -medien an Bedeutung. Der Begriff des Lernquellenpools geht auf Roger Harrison zurück und ist in seinem Verständnis eingebettet in ein offenes Lernzentrum, in dem Lernende ein Höchstmaß an Eigenverantwortung im Lernen praktizieren können: Sie bewegen sich frei in verschiedenen Lernräumen, kurzum, entscheiden, mit wem sie was, wo, mit welchen Lernmitteln wie lange bearbeiten wollen. Das von Harrison beschriebene offene Lernzentrum wird man wohl nicht ohne Weiteres bereitstellen können, den Begriff und die Intention des Lernquellenpools hat die Lernberatungskonzeption jedoch übernommen.
Ziel der Einrichtung des Lernquellenpools ist es, das selbständige Erarbeiten von Wissen und das Erschließen relevanter Informationen sowie das Wiederholen, Trainieren und Vertiefen von Lerninhalten zu ermöglichen. Der Lernquellenpool dient damit auch konkret dem Umgang mit der Heterogenität in der Bildungsarbeit mit Erwachsenen. Gerade für die Bildungsarbeit mit Geringqualifizierten ist der Lernquellenpool eine gute Chance, auf Lernen neugierig zu machen. Die Lernenden können frei zu den Lernquellen greifen, die sie spontan ansprechen. Alternativ ist bereits die Suche nach einem geeigneten Lernmittel aus einem Fundus an Angeboten ein guter Weg, sich mit einem Lerngegenstand zu befassen, denn es muss sondiert werden, was zur Klärung einer Frage oder Aufgabe beiträgt und was eher nicht.
Der Lernquellenpool ist eine Chance, die Differenzierungsangebote zum Umgang mit unterschiedlichen Vorlieben und Vorkenntnissen von Teilnehmenden mit Verantwortungsteilung im Lern- und Lehrprozess zu verbinden.
Zielgruppe
Die Erfahrung zeigt, dass es für die meisten Lernenden ein Zugewinn ist, wenn sie über die Lernmaterialien frei verfügen können, wenn also nicht nur die Lehrkraft die Hoheit über die Lernmittel hat, sondern den Lernenden das Zutrauen entgegengebracht wird, verantwortungsvoll – im materiellen und im lernbezogenen Sinne – mit den bereitgestellten Lernquellen umzugehen.
In seinem Materialangebot geht der Lernquellenpool in der Erwachsenenbildung über die im engeren Sinne berufsfachlichen Inhalte hinaus. Materialien zu den sogenannten weichen Fächern wie Kommunikation und Rhetorik und zu Inhalten wie Lernen lernen, Arbeitsrecht, Bewerbungsschreiben, Existenzgründung und vieles mehr werden erfahrungsgemäß von den Lernenden selbst angefragt und in den Pool aufgenommen.
Mit dieser Beschreibung wird deutlich, dass der Lernquellenpool eine lernbegleitende Material- und Mediensammlung und kein statisches und fertiges Angebot sein kann. Der Lernquellenpool verändert und erweitert sich mit dem Lernen, mit der Bearbeitung von Themen und mit den Interessen der Lernenden.
Wie setzt man den Lernquellenpool ein?
Der Lernquellenpool kann bestehen aus:
- aktueller Fachliteratur (Bücher, Zeitschriften, Aufsätze, Lexika),
- selbst erstellten Ordnern mit thematisch sortierten (Leit-)Texten,
- erarbeiteten Skripten der DozentInnen, KursleiterInnen als Übungsangebote,
- Lern- und Arbeitsaufgaben zur Wiederholung, Vertiefung, Weiterführung,
- einer Auswahl verschiedener PC-gestützter Lernprogramme,
- einer Linksammlung zu lernthemenrelevanten Datenbanken u. Ä.,
- Internetzugang.
Der Lernquellenpool kann zwei grundlegend unterschiedliche Formate haben:
- Er kann als gut sortierte Bibliothek in eigens dafür bereitgestellten Räumlichkeiten aufgebaut sein.
- Er kann als themenbezogene Präsenzbibliothek für einen Kurs oder auch für Kursabschnitte jeweils in einer Ecke des Kursraumes aufgebaut sein (verschließbare Schränke, wenn verschiedene Gruppen den Raum nutzen).
Der Lernquellenpool ist während der Zeit des Kurses jederzeit für die Lernenden zugänglich. Die Nutzung wird über den Unterricht gesteuert. Auch da gibt es zwei Varianten:
- Die Lernenden werden aufgefordert, sich für eine Aufgabenstellung im Lernquellenpool zu bedienen. Die Teilnehmerkopien liegen dann an einer Stelle im Raum aus.
- Die Lernenden werden gebeten, in verschiedenen Fachbüchern oder Artikeln zu einem Thema zu recherchieren.
Das Lern- und Lehrgestaltungsmodell sieht Selbstlernzeiten vor, in denen die Lernenden mithilfe des Lernquellenpools ein Thema vertiefen, ein Arbeitsblatt nacharbeiten. Sie entscheiden in dem Fall auch, inwiefern sie alleine, zu zweit oder als Kleingruppe arbeiten wollen.
Voraussetzungen und Rahmenbedingungen
Die Einrichtung eines Lernquellenpools gestaltet sich in Abhängigkeit von räumlichen Bedingungen, ist entweder in verschiedene Lernräume oder in ein sogenanntes Lernbüro oder auch in eine Lernerbibliothek integriert. Die Erfahrung zeigt: Ist der Lernquellenpool integraler Bestandteil des Lern-/Lehrgeschehens, wird er genutzt.
Zunehmend wird der Lernquellenpool über den Zugang zum Internet ermöglicht.
Das Arbeiten mit einem Lernquellenpool ist voraussetzungsreich. Eine mit Lernquellenpool erfahrene Gruppe von Kursleitenden hat im Rahmen eines Seminars erarbeitet, was zu bedenken, erörtern, entscheiden ist.
Selbstverständlich ist es zum Glück möglich, auch im Kleinen anzufangen und im Rahmen von Differenzierungen im Unterricht die selbst entwickelten alternativen Aufgabenstellungen, Fachliteratur u. Ä. auf einem Extra-Tisch aufzubauen. Auf- und Abbau sind dann als zusätzliche Zeitaufwände zu bedenken.
Pro & Contra
Es gibt unter Lerngesichtspunkten eigentlich keine Einwände gegen einen Lernquellenpool. Er muss allerdings wirklich gepflegt und aktualisiert werden. Er braucht Kümmerer. Das ist in der Variante der themenbezogenen Präsenzbibliothek die jeweilige Kursleitung. Anders im Falle eines Lernquellenpools als Bibliothek der Lernenden. Dann ist es ratsam, eine Kollegin oder einen Kollegen in der Einrichtung mit der Sorge dafür zu beauftragen, dass der Lernquellenpool sowohl zugänglich als auch gut sortiert ist und bleibt, er zudem aktualisiert wird und ausgeliehene Bücher oder Materialien zurückgebracht werden usf.
CC BY SA 3.0 by Rosemarie Klein für wb-web