Wichtig ist dabei, dass die Entwicklungspläne nicht für, sondern mit dem Lernenden gemacht werden, auch wenn das in der Praxis mühsamer und zeitaufwändiger ist. Die Praxis der Bildungsarbeit mit Geringqualifizierten, aber nicht nur dort, zeigt auch: Es ist wichtig, dass das Führen von Entwicklungsplänen wirklich Teil des Kursgeschehens ist und mit Entwicklungsgesprächen verbunden wird. Das Dokumentieren ist die Voraussetzung für ein Gespräch, in dem Erfolge und neue Stärken zur weiteren Lernermutigung genutzt werden.
Zusammenfassend zum Entwicklungsplan:
- kompetenzorientiert ausgerichtet und bietet die Möglichkeit, die Lernenden zu motivieren und selbstbewusster werden zu lassen,
- macht den Lernenden deutlich, dass er oder sie als Person und nicht vorrangig als defizitäre Lerner*in wahrgenommen werden,
- ermöglicht es Lernenden, ihre Lernfortschritte systematisch zu erfassen und zu dokumentieren,
- ermöglicht es Lehrenden, individuelle Unterstützungsbedarfe zu erkennen und Wege zu ihrer Befriedigung zu finden,
- räumt dem Lernenden Partizipationsmöglichkeiten ein und erleichtert damit den Weg zu mehr selbstbestimmtem Lernen.
Zielgruppe
Grundsätzlich können Entwicklungspläne bei allen Zielgruppen genutzt werden. Besonders gute Erfahrungen mit dem Instrument liegen aus Maßnahmen des Übergangssystems vor, die den Anspruch haben, die individuelle Kompetenzentwicklung zu fördern. Auch in der Arbeit mit längerfristig Arbeitslosen hat es sich bewährt.
Einsatz
In der Regel werden bereits zu Beginn oder in den ersten Tagen eines Kurses Teilnehmende über den Einsatz, die Zielsetzung und die Inhalte von Entwicklungsplänen durch die Kursleitung informiert. Sie erläutert, dass in den nächsten Wochen mit jedem Lernenden gemeinsam diese Pläne erarbeitet werden. Sie fragt nach möglichen Einwänden gegen die Nutzung des Instruments und geht auf mögliche Einwände differenziert ein. Verweigert sich ein Lernender grundsätzlich (was in der Praxis kaum vorkommt), ist das zu akzeptieren.
Abhängig von eventuellen Vorgaben spezifischer Maßnahmen (z. B. bei von der Agentur für Arbeit geförderten Maßnahmen) kann es vorkommen, dass Teilnehmende ihre Ablehnung schriftlich begründen müssen.
Wichtig ist der Hinweis, dass es regelmäßige Folgetermine gibt, die dazu dienen, die Entwicklung der Lernenden sichtbar zu machen und ein Feedback durch die Kursleitung gewährleisten. Gleichermaßen dienen sie der Reflexion der Lernentwicklung durch die Lernenden selbst. Die Termine dienen der Überprüfung der Entwicklungspläne und bieten sowohl der Kursleitung wie auch den Lernenden die Möglichkeit, bei Störungen oder Auffälligkeiten im Lernprozess zeitnah intervenieren zu können.
Für die dialogische und individuelle Erarbeitung sind jeweils mindestens 30 bis 60 Minuten einzukalkulieren. Dies gilt auch für die Folgetermine, die in vereinbarten Intervallen (z. B. alle zwei bis drei Monate) stattfinden.
Voraussetzungen und Rahmenbedingungen
Die wichtigste Voraussetzung sollte eigentlich selbstverständlich sein, ist es aber in der Regel nicht. Im pädagogischen Diskurs ist es unstrittig, dass Kursleitende sowohl lehrende als auch beratende Funktion haben, wobei letzterer seit einigen Jahren eine erhöhte Bedeutung beigemessen wird. Das bedeutet, dass beratende Tätigkeiten wie das Erarbeiten von Entwicklungsplänen Teil der bezahlten Tätigkeit sein müssen und nicht als Spielwiese der Kursleitenden diskreditiert werden dürfen.
Ein Besprechungsraum, der störungsfrei ist (kein Durchgangsverkehr, kein Telefon), sollte für die individuelle Erarbeitung vorhanden sein. Sollten mehrere Lehrende am Lernprozess beteiligt sein, so gilt es, einen Verantwortlichen festzulegen, der das Feedback der anderen einholt und es im Gespräch mit dem Lernenden vertritt.
Pro und Contra
Auf den Einsatz von Entwicklungsplänen sollte verzichtet werden, wenn klar ist, dass die zeitlichen Ressourcen für eine Überprüfung der Entwicklungspläne nicht vorhanden sind.
Wie bei der Erarbeitung individueller Ziele ist auch hier mit der Gruppe älterer Geringqualifizierter mit wiederholter Erfahrung von Arbeitslosigkeit sensibel umzugehen. Diese Lernenden sind es meist nicht gewohnt, dass ihnen als Person und als Kompetenzträger Interesse entgegengebracht wird. Wer über längere Zeiträume die Fremdzuschreibung des Defizitären erfahren hat, macht es irgendwann zum Teil der Selbstzuschreibung und integriert dies in sein Selbstbild.
Sind Entwicklungs- bzw. Förderpläne von Maßnahmenträgern vorgegeben, so ist der Grad der Freiwilligkeit hier deutlich eingeschränkt und die Überprüfung von Entwicklung dient nicht nur dem Lernenden selbst, sondern auch der Bewertung der Maßnahmenträger mit möglichen Konsequenzen in der Leistungsförderung.
Weiterführende Hinweise
Für eine Umschulungsmaßnahme findet sich ein sehr differenzierter Entwicklungsplan, der gute Impulse gibt. (Anmerkung: Der Link funktioniert aktuell - 11/2021 - im Browser Firefox.)
Aktualisierung von Susanne Witt (November 2021)