Erfahrungsbericht

Wie funktioniert eine Dozentenvermittlung? 

Selbstständige in der Weiterbildung sind nicht nur mit der Bildungsarbeit beschäftigt. Sie müssen einen erheblichen Teil ihrer Zeit in Akquise, Marketing und weitere Tätigkeiten stecken, die nicht direkt vergütet werden. Spezialisierte Vermittlungsagenturen bieten Lehrenden in der Erwachsenen- und Weiterbildung an, Aufträge zu vermitteln. Wie genau funktioniert diese Vermittlung und lohnt sich die Investition für selbstständige Lehrende? wb-web hat über diese und andere Fragen mit Marita Kunath, Leiterin der ACT (Advanced Coaching & Training) Dozentenvermittlung, gesprochen.

Profilfoto Marita Kunath

wb-web: Frau Kunath, Sie sind Leiterin der ACT (Advanced Coaching & Training) Dozentenvermittlung. Können Sie uns kurz die Idee einer Dozentenvermittlung erklären?

Marita Kunath: Die Idee der ACT-Dozentenvermittlung ist es, unseren Kunden Orientierung auf dem teilweise recht unübersichtlichen Markt von Coachs, Trainer/inne/n, Berater/inne/n und Dozent/inn/en zu bieten.

Zertifikate oder Mitgliedschaften in den einschlägigen Verbänden sagen leider nicht aus, ob der jeweilige Mensch auch zu dem Unternehmen und der Zielgruppe passt. Das wird auch durch Onlineportale nur unzureichend erfasst. Deswegen setzen wir an dieser Stelle auf persönliche Kompetenz und Beratung. Wir kennen alle unsere Coachs, Trainer/innen, Berater/innen und Dozent/inn/en persönlich und wissen recht gut einzuschätzen, welche Aufgaben und welche Auftraggeber zu ihnen passen. Das geht über die rein fachliche Eignung hinaus.

Die Nachfrage nach dieser Art von Dienstleistung hat uns selbst etwas überrascht. Wir starteten 2008 mit sechs Coachs und Trainer/inne/n und sind inzwischen bei tagesaktuell 431 Coachs, Trainer/inne/n, Berater/inne/n und Dozent/inn/en angekommen, die von uns vermittelt werden.

Bei Anfragen erfährt der Kunde von uns in der Regel innerhalb von nur einer Stunde, wer von den über 400 möglichen Kandidaten verfügbar und geeignet ist. Da diese Dienstleistung für den Kunden auch noch kostenfrei ist, sind wir inzwischen für eine stetig wachsende Zahl unserer Kunden die erste Nummer, die gewählt wird, wenn ein Auftrag zu vergeben ist. Gleichzeitig ist es für die Coachs, Trainer/innen, Berater/innen und Dozierenden unseres Netzwerks natürlich toll, mit uns jemanden zu haben, der nicht nur über ihre Fähigkeiten und Vorlieben bezüglich der Auftragsannahme informiert ist, sondern auch über ihre verfügbaren Termine, während sie selbst im Unterricht sind.

wb-web: Wie sieht Ihre Vermittlungstätigkeit in der Praxis aus? Wie ist der Ablauf von einer ersten Kontaktaufnahme eines Erwachsenenbildners mit Ihrer Agentur bis hin zur Vermittlung eines Auftrags?

Marita Kunath: Der Dozierende kommt meist über eine Empfehlung zu uns. In einem ersten Telefonat verständigen wir uns schon kurz über seine fachlichen Qualifikationen, Erfahrungen und über die Rahmenbedingungen einer Zusammenarbeit. Dann wird in einem persönlichen Gespräch zusätzlich die Eignung geprüft und sich über die möglichen Einsatzgebiete verständigt. Ist alles besprochen, wird der Dozierende in unseren Verteiler aufgenommen und erhält ab dann alle Seminaranfragen.

Wenn der Dozierende einen Auftrag übernehmen möchte und wenn sein Profil passt, senden wir eine Empfehlung an den Auftraggeber. Dieser prüft in einem persönlichen Gespräch zusätzlich seine Eignung. Das Vertragsverhältnis kommt dann zwischen dem Dozierenden und dem Auftraggeber direkt zustande.

wb-web: In welche Bereiche der Erwachsenen- und Weiterbildung vermitteln Sie Lehrende?

Marita Kunath: Die ACT-Dozentenvermittlung besteht aus Weiterbildnern aus (fast) allen Fachbereichen der Aus- und Weiterbildung. Die Fachgebiete reichen von den gängigen Softskill-Themen wie Kommunikation, Konflikt, Bewerbertraining, Profiling und Motivation über Fachthemen wie Pflege, Betreuung, EDV, Sprachen, Hauswirtschaft, Gesundheit, kaufmännische Themen bis hin zu den sozialpädagogischen und psychologischen Fachthemen für die Ausbildung von Erzieher/inne/n.

Wir kennen den Weiterbildungsmarkt und können bei Veränderungen, die sich u.a. nach der jährlichen Bildungszielplanung der Agentur für Arbeit richten, reagieren. Können wir einen Bereich nicht zur Genüge abdecken, gehen wir gezielt in die Akquise nach neuen qualifizierten Fachdozierenden. Unsere Kunden sind fast alle Berliner Weiterbildungsinstitute, Fachschulen, Universitäten und auch immer mehr Unternehmen.

wb-web: In welchen Bereichen ist die Nachfrage nach Dozenten denn besonders hoch?

Marita Kunath: Der Fokus liegt auch in diesem Jahr auf abschlussorientierten Qualifizierungen. Deshalb gibt es eine große Nachfrage nach Dozierenden mit fundiertem Fachwissen. Dabei geht es insbesondere um kaufmännische Ausbildungen und um die Ausbildungen in den Fachbereichen Gesundheit und Soziales. Aus diesem Grund ist gerade der Bedarf an praxiserfahrenen Pflegedozierenden, Pädagogen und Fachleuten für kaufmännische Ausbildungen mit IHK-Abschluss sehr groß. Nicht zu vergessen sind die vielen Integrationskurse. Deutschdozierende mit DaF/Daz-Zertifizierung sind gefragt wie noch nie.

wb-web: Worauf achten Sie bei der Aufnahme neuer Dozenten? Sind es eher die fachlichen oder die pädagogischen Qualifikationen?

Marita Kunath: Um Dozierende vermitteln zu können, ist eine fachliche und pädagogische Qualifikation (mindestens Ausbildereignung) Voraussetzung. Dabei können es erfahrene Dozenten oder Berufsanfänger sein. Wenn sie oder er uns überzeugt, finden wir gemeinsam die richtigen Einsatzgebiete mit der richtigen Zielgruppe. Gerne unterstützen wir die „Neulinge“ bei ihrem Start in die Dozententätigkeit.

In unserer Akademie gibt es auch gezielte und absolut praxisbezogene Weiterbildungsangebote. Über die Jahre haben wir schon recht genau rausgefunden, welches Wissen wirklich gebraucht und auch angewendet wird.

wb-web: Wer legt die Themen und die didaktisch-methodische Vorgehensweise eines vermittelten Kurses/Trainings etc. fest? Hat der Dozent hier einen Spielraum oder ist die pädagogische Planung bereits im Vorfeld abgeklärt?

Marita Kunath: Nachdem wir den Dozierenden an den Auftraggeber empfohlen haben, werden vorab in einem persönlichen Gespräch zwischen Auftraggeber und Dozierenden die Eckdaten abgeklärt. Der Auftraggeber gibt das Bildungsziel und die inhaltlichen Schwerpunkte vor. Ist es z.B. eine Ausbildung mit Prüfungsvorbereitung, hat der Dozierende weniger Spielraum als bei einem Kommunikationstraining.

wb-web: Wie viel bezahlen die Erwachsenenbildner, wenn Sie Ihnen einen Auftrag vermittelt haben? Mit anderen Worten: Lohnt sich die Investition für die Lehrenden?

Marita Kunath: Die Investition lohnt sich in jedem Fall. Zumal diese Frage von Auftrag zu Auftrag von dem Lehrenden selbst neu entschieden werden kann. Die Aufnahme in unser ACT-Team ist kostenlos. Wir akquirieren dann für sie Aufträge und neue Kunden und verhandeln vorab die Honorare. Ob er den angebotenen Auftrag letztendlich annimmt, liegt dann in der Entscheidung des Dozierenden. Eine Vermittlungsprovision fällt nur an, wenn ein Auftrag erfolgreich vermittelt, durchgeführt und bezahlt wurde.

Die Höhe der Provision hängt von der Höhe des Honorars ab. Im geförderten Weiterbildungsbereich liegen die Provisionen in der Regel bei zehn Prozent. Bei Aufträgen mit Stundensätzen von 18 Euro oder niedriger sogar nur bei einem Euro pro Stunde, wobei wir Aufträge unter 18 Euro pro Stunde nur in Ausnahmefällen annehmen, da wir die Etablierung solcher Honorare nicht unterstützen wollen. Bei gut bezahlten Aufträgen im Firmenbereich nehmen wir bis zu 30 Prozent, womit wir immer noch unter fast allen professionellen Vermittlern in dem Bereich liegen. Wir legen auch stets die Honorare offen, egal wer Vertragspartner ist.

Alle Mitglieder des ACT-Teams bekommen darüber hinaus stark vergünstigte Konditionen für die Aus- und Weiterbildungsangebote in unserer Akademie. Wir haben erste Vergünstigungen für ACT-Teammitglieder bei anderen Anbietern aushandeln können, wie zum Beispiel einem Anbieter für Coaching- und Seminarräume. Das ist ein Bereich, den wir perspektivisch ausweiten wollen. Generell schauen wir ständig weiter, wie wir allen Beteiligten noch weiteren Nutzen durch die Zusammenarbeit mit uns bieten können.

wb-web: Können Sie aus Ihrer Erfahrung heraus sagen, welche Eigenschaften und Qualifikationen seitens der Lehrenden bei Ihren Auftraggebern besonders gefragt sind?

Marita Kunath: Neben der fachlichen und pädagogischen Kompetenz ist es dem Auftraggeber sehr wichtig, dass der Dozierende verbindlich ist, weitgehend selbstständig arbeitet und sich auf die jeweiligen Seminarbedingungen und die Zielgruppe einstellen kann. Weiterhin erwartet der Bildungsanbieter (Auftraggeber) eine gewisse Loyalität, die sich auch in der Arbeit mit den Teilnehmenden zeigt. Einen Dozierenden, mit dem man unkompliziert und vertrauensvoll zusammen-arbeiten kann, wird man immer wieder gerne buchen. 


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