Blog

Warum brauchen wir Kompetenzen? Die Zukunft des Lernens Folge 2

Mann mit Glaskugeln in den Händen.

Kompetenzen für die Arbeitswelt der Zukunft sind heute noch weitgehend ungewiss. (Bild: voltamax/pixabay.com, CC 0)

Was sind Kompetenzen? Wie können wir sie erwerben? Diesen Fragen geht Werner Sauter, Professor für Bankwirtschaft, Bildungsconsultant und wissenschaftlicher Leiter der Blended Solutions GmbH, in einer achtteiligen Blogserie  nach. Dabei entwirft er ein Bild, wie personalisierte Kompetenzentwicklung in realen Herausforderungen möglich ist.  Wie entwickeln sich Komtenzen am Arbeitsplatz? Wie trägt die Digitalisierung zur Entwicklung  neuer Lernarrangements bei? Der zweite Teil der Serie beschäftigt sich mit diesen Fragen.

Warum brauchen wir Kompetenzen?

Lernprozesse finden nicht im luftleeren Raum statt, sondern sind in unsere moderne Lebens- und Arbeitswelt eingebettet. Diese ist gekennzeichnet durch agile Arbeitsprozesse, die durch Respekt, Offenheit und Transparenz sowie eine zunehmende Eigenverantwortung und Selbstorganisation geprägt sind. Hinzu kommt eine steigende Heterogenität der Lernenden aufgrund des demographischen Wandels, verbunden mit einer Pluralisierung der Lebenswelten. Ebenfalls kennzeichnend für moderne Gesellschaften ist die Digitalisierung, die zum Treiber der technologischen Entwicklung auf fast allen Gebieten geworden ist und zu Entwicklungsgeschwindigkeiten von Technik und Industrie, Kultur und Politik führt, die mit klassischem Vorratslernen überhaupt nicht mehr zu beherrschen sind. Zugleich liefert die moderne Informationstechnologie die Lerntechnologien, die kompetenzorientiertes Lernen am Arbeitsplatz in Verbindung mit E-Learning, Blended Learning und Social Learning überhaupt erst möglich machen.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen müssen die Menschen deutlich agiler werden. Sie benötigen daher Kompetenzen zum autonomen Handeln bei hoher Entscheidungsfreiheit zur kollaborativen Lösung von Herausforderungen, also der gemeinsamen Bewältigung realer Problemstellungen mit Lernpartnern – auch im Netz – sowie für selbstorganisiertes und zielführendes Handeln mit digitalen Technologien. Entsprechend muss sich das Lernen verändern.

Individualität der Lernenden

Kein Lernender ist wie der andere – es gibt genauso viele Lerntypen wie Menschen. Jeder Lernende bringt seine eigene Lernerfahrung, seine persönlichen Lernmethoden, sein eigenes Vorwissen sowie individuelle Ziele mit in den Lernprozess ein. Der Lernprozess ist also für jeden Mensch anders. So lassen es zum Beispiel die enormen Unterschiede im Lerntempo Erwachsener mit dem Faktor 1 : 9 als unsinnig erscheinen, Lernende in einem gemeinsamen Lerntempo,  zum Beispiel mittels Frontalunterrichts, zu belehren oder fragend-entwickelnd Wissen zu „erarbeiten“. Die Gemeinsamkeit über alle Lernenden hinweg ist allerdings, dass Lernen in jedem Fall ein aktiver, personalisierter Prozess ist. Es bedarf also einer expliziten Einbindung der Lernenden sowohl bei der selbstorganisierten Planung ihrer Lernprozesse als auch im Rahmen aktiver Lernphasen, um ihrer Individualität und Selbstständigkeit bestmöglich gerecht zu werden.

 Demographischer Wandel

Die Bevölkerung wird immer bunter. Zum einen stehen in den Industrieländern immer mehr Ältere immer weniger jungen Menschen gegenüber. Das bedeutet, dass gerade ältere Menschen dazulernen müssen, um weiterhin am alltäglichen und beruflichen Leben aktiv teilhaben zu können. Gleichzeitig führen aktuelle Migrationsbewegungen dazu, dass immer mehr ausländische Menschen eine Heimat in Deutschland finden. Auch sie müssen lernen, um in Alltag und Beruf Anschluss zu finden. Lebenslanges Lernen funktioniert aber nur, wenn Menschen motiviert sind, sich eigenständig immer wieder neue Kompetenzen anzueignen: im Alltag und in der Arbeit. Dabei gilt zu beachten, dass lebenslanges Lernen im Sinne eines lebenslangen Kompetenzerwerbs nur dann gelingt, wenn es einen Kulturwandel in allen Lernbereichen gibt: Vorhandene Lernkonzepte und Lernmaterialien müssen daraufhin geprüft werden, ob sie wirklich alle Menschen befähigen, in offenen, dynamischen Situationen kreativ zu handeln.

 Heterogenität der Lebenswelt

Deutschland wird immer vielfältiger. Die Globalisierung ebenso wie die damit verbundenen Migrationsbewegungen stellen uns und damit auch unsere Bildungssysteme vor neue Herausforderungen. So benötigen unsere ausländischen Mitbürger ebenso wie wir selbst interkulturelle Kompetenzen, um sich in den vielfältigen Lebenswelten, die uns zukünftig umgeben werden, sicher zu bewegen. Verallgemeinernd kann unter interkultureller Kompetenz die Befähigung verstanden werden, aufgeschlossen gegenüber Neuem, bisher Unbekanntem, insbesondere gegenüber fremden Kulturen zu sein, sich auf neue Menschen und Situationen einstellen zu können und dabei persönlich hinzuzulernen. Dazu gehört, in interkulturell geprägten Situationen mit Angehörigen verschiedener ethnischer Gruppen und in fremdkultureller Umgebung zu kommunizieren, um effektiv und professionell tätig werden zu können. Interkulturelle Kompetenzen können aber nicht durch Bücher oder Seminare mit Rollenspielen „vermittelt“ werden. Vielmehr ist ein Lernarrangement erforderlich, das auf realen, interkulturellen Herausforderungen basiert, die gemeinsam im Dialog mit Mitgliedern der anderen Kulturen bearbeitet und bewältigt werden.

 Technologischer Wandel

Die Digitalisierung ist einer der wichtigsten Antreiber für zukünftige Veränderungen. Die Konsequenzen dieser Entwicklung sind weitreichend: So verändern sich zum Beispiel durch neue Geschäftsmodelle die Lebens- und Arbeitsbedingungen vieler Menschen. Manche Aufgaben fallen weg, andere kommen hinzu. Gerade für neue Aufgaben sind Kompetenzen im Umgang mit digitalen Technologien notwendig. In Zukunft benötigen wir die Kompetenz, uns in einer vernetzten Lebens- und Arbeitswelt, deren konkrete Form wir heute noch nicht kennen, zu bewegen. Auch müssen wir lernen, mit den neuen Risiken der digitalen Welt umzugehen. Daher gilt es, neue Technologien auch im Rahmen von Lernangeboten aufzugreifen und als unterstützende Elemente des Lernens sinnvoll in diese einzubauen. Die Digitalisierung und die damit einhergehenden agilen Arbeits- und Lernmethoden stellen dabei immer höhere Anforderungen an die Selbstorganisationskompetenzen der Mitarbeiter. Da diese zumeist jedoch in Arbeits- und Lernsystemen sozialisiert wurden, die durch Fremdsteuerung geprägt sind, benötigen sie zunehmend Handlungsanker, also Werte, die ihnen Orientierung für ihr Handeln geben.

CC BY-SA by Werner Sauter für Blog Aus- und Weiterbildung

Kompetenz zählt - Die Zukunft des Lernens Folge 1

- Blog

Kompetenz zählt - Die Zukunft des Lernens Folge 1
Personalisiert und kompetenzorientiert, so sollte das Lernen in Zukunft aussehen, sagt Werner Sauter, Professor für Bankwirtschaft, Bildungsconsultant und wissenschaftlicher Leiter der Blended Solutions GmbH.  Was genau personalisiertes und kompetenzorientiertes Lernen ist, erläutert er in einer achtteiligen Blogreihe für wb-web.  Der erste Beitrag erzählt in einem Fallbeispiel,  wieso nicht aus Büchern erworbenes Wissen, sondern aus Erfahrungen und Handeln entstandene Kompetenzen wichtig sind. 

Mehr

Was sind Kompetenzen? Die Zukunft des Lernens Folge 3

- Blog

Was sind Kompetenzen? Die Zukunft des Lernens Folge 3
Aus Büchern erworbenes Wissen ist nicht das gleiche wie aus Erfahrungen und Handeln entstandene Kompetenzen. Im alltäglichen Sprachgebrauch werden die Begriffe Wissen und Kompetenz oftmals gleichbedeutend verwendet. Wissen ist jedoch nicht das wirkliche Ziel des Lernens. Es bildet lediglich die notwendige Voraussetzung für den Kompetenzaufbau. Werner Sauter, Professor für Bankwirtschaft, Bildungsconsultant und wissenschaftlicher Leiter der Blended Solutions GmbH, beschreibt in diesem dritten Teil  der achtteiligen Blogreihe für wb-web, welche Gruppen von Kompetenzen man unterscheiden kann.

Mehr

Wie kann man Kompetenzen erwerben? Die Zukunft des Lernens Folge 4

- Blog

Wie kann man Kompetenzen erwerben? Die Zukunft des Lernens Folge 4
Kompetenzen basieren, anders als Wissen, auf eigenen Erfahrungen. Deshalb können Kompetenzen nicht vermittelt werden, sondern nur selbstorganisiert – in neuartigen, offenen und realen Problemsituationen kreativ handelnd – erworben werden. Werner Sauter, Professor für Bankwirtschaft, Bildungsconsultant und wissenschaftlicher Leiter der Blended Solutions GmbH, beschreibt in diesem vierten Teil  der achtteiligen Blogreihe für wb-web, wie der Erwerb von Kompetenzen gestaltet werden kann.

Mehr

Fünf Prinzipien kompetenzorientierten Lernens - Die Zukunft des Lernens Folge 5

- Blog

Fünf Prinzipien kompetenzorientierten Lernens - Die Zukunft des Lernens Folge 5
In der fünften Folge dieser Bogreihe formuliert Werner Sauter  fünf Prinzipien für ein personalisiertes Lernen, das optimal auf den selbstorganisierten Erwerb von Kompetenzen ausgerichtet ist. Dabei folgen die Prinzipien dem Leitspruch „Handeln kann man nur handelnd erlernen“, wie er von Diethelm Wahl  geprägt wurde. Sauter ist Professor für Bankwirtschaft, Bildungsconsultant und wissenschaftlicher Leiter der Blended Solutions GmbH.  

Mehr

Kompetenzorientiertes Lernen – Die Zukunft des Lernens Folge 6

- Blog

Kompetenzorientiertes Lernen – Die Zukunft des Lernens Folge 6
Personalisiertes Lernen, das sich dem jeweiligen Lernenden und seinen persönlichen Bedürfnissen sowie Lerngewohnheiten anpasst, kann mithilfe digitalisierter Systeme optimiert werden. Die Digitalisierung bewirkt jedoch alleine noch keine Veränderung des Lernens. Allerdings schafft sie den Raum für innovative Gestaltungsformen der Lernprozesse. Wie dies aussehen kann, hat Werner Sauter, Professor für Bankwirtschaft, Bildungsconsultant und wissenschaftlicher Leiter der Blended Solutions GmbH,  in der sechsten Folge dieser Blogreihe skizziert.

Mehr

Lernarrangements für den Kompetenzaufbau - Die Zukunft des Lernens Folge 7

- Blog

Lernarrangements für den Kompetenzaufbau - Die Zukunft des Lernens Folge 7
Die aktuelle Bildungswelt ist in allen Bereichen immer noch weit überwiegend durch seminaristische, fremdgesteuerte Lehrkonzepte und eine entsprechende Lehrkultur der Fremdsteuerung geprägt. Deshalb bietet es sich an, bei einer Neuausrichtung auf das kompetenzorientierte Lernen die Einführung innovativer Lernangebote schrittweise zu gestalten. Diesen Einführungsprozess, der ausgehend vom Classroom Training durch einen fundamentalen Wandel der Lernformen geprägt ist, beschreibt Werner Sauter, Professor für Bankwirtschaft, Bildungsconsultant und wissenschaftlicher Leiter der Blended Solutions GmbH, in der siebten Folge unserer Blogreihe.

Mehr

Kompetenzorientiertes Lernen: Ausblick - Zukunft des Lernens Folge 8

- Blog

Kompetenzorientiertes Lernen: Ausblick - Zukunft des Lernens Folge 8
Die Zukunft hat vor allem in der betrieblichen Arbeits- und Lernwelt schon begonnen. 2015 gingen gerade einmal 20 Prozent der gesamten Wertschöpfung in der Wirtschaft auf digitale Geschäftsmodelle zurück. 2020 werden es 80 Prozent sein. Dies hat tief greifende Konsequenzen für die betriebliche Bildung und die Bildung darüber hinaus, so Werner Sauter, Professor für Bankwirtschaft, Bildungsconsultant und wissenschaftlicher Leiter der Blended Solutions GmbH. Den achten und letzten Teil unserer Blogreihe widmet Sauter einem Blick in die Zukunft des Lernens und Arbeitens.

Mehr

Das könnte Sie auch interessieren

Lernstile und Lerntypen

Sucht man im Internet Informationen zu Lernstilen und Lerntypen, so landet man häufig bei visuellen, auditiven, haptischen und intellektuellen Lernstilen. Was aber, wenn man feststellt, dass man seine Teilnehmenden dort gar nicht einordnen kann? Taugt dieser Ansatz überhaupt? Wir wollen alternative Modelle erklären.

Zum Wissensbaustein

Digitalisierung in der Erwachsenenbildung

Foto Kaffee, Tablet, Handy und Stift

Mit Smartphone, Tablet und Laptop bringen Teilnehmende heute ganz selbstverständlich ihre eigenen digitalen Geräte mit in Kurse und Trainings, Workshops und Vorträge – unabhängig vom Thema. Für Erwachsenenbildung und Weiterbildung bieten sich damit neue Chancen für das Lernen, das abwechslungsreicher, individueller und kreativer gestaltet werden kann. Auch die Lehrenden können von digitalen Medien profitieren, wenn sie um die neuen Möglichkeiten wissen und professionelle Vernetzungsangebote kennen.

Zum Dossier