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Kompetenzorientiertes Lernen – Die Zukunft des Lernens Folge 6
Personalisiertes Lernen, das sich dem jeweiligen Lernenden und seinen persönlichen Bedürfnissen sowie Lerngewohnheiten anpasst, kann mithilfe digitalisierter Systeme optimiert werden. Die Digitalisierung bewirkt jedoch alleine noch keine Veränderung des Lernens. Allerdings schafft sie den Raum für innovative Gestaltungsformen der Lernprozesse. Wie dies aussehen kann, hat Werner Sauter, Professor für Bankwirtschaft, Bildungsconsultant und wissenschaftlicher Leiter der Blended Solutions GmbH, in der sechsten Folge dieser Blogreihe skizziert.
Lernen und Arbeiten wachsen zusammen
Betriebliches Lernen umfasst formelle, nonformelle sowie informelle Lernprozesse. Sie sichern den Aufbau des notwendigen Wissens und ermöglichen den selbstorganisierten Aufbau von Kompetenzen im Prozess der Arbeit und im Netz. Zwar können Fallstudien, Rollenspiele oder Planspiele die Voraussetzungen für die Kompetenzentwicklung schaffen, sie sind aber kein Kompetenztraining. Dieses kann nur über die Lösung von realen Problemstellungen, z. B. in Praxisprojekten, in der Forschung oder in Werkstätten und am Arbeitsplatz, erfolgen.
Genau hier können digitale Technologien einen entscheidenden Mehrwert liefern, indem sie Handlungs- und Kommunikationsprozesse in realen Entscheidungssituationen ermöglichen. Sie unterstützen die Lernprozesse direkt im Prozess der Arbeit (Workplace Learning), unabhängig von Ort und Zeit (Mobile Learning), nach dem individuellen Bedarf „on demand“ (Micro Learning) und fördern den Austausch von Lernpartnern (Social Learning).
Lernen wird ermöglicht
Es kann nicht der Anspruch erhoben werden, man könne individuelle Lernprozesse direkt durch eine zentrale Personalentwicklung beeinflussen. Deshalb benötigen wir einen Wandel von der bisherigen Belehrungsdidaktik zur Ermöglichungsdidaktik.
Die Ermöglichungsdidaktik ist damit die pragmatische Antwort auf die wirtschafts- und bildungspolitisch propagierte Forderung nach „lebenslangem Lernen“ mit dem Ziel, die Personalisierung und Selbstorganisation der Bildung zu ermöglichen. Dabei passt sich das Lernsystem dem Lernenden an, nicht mehr der Lernende dem jeweiligen Lehrrahmen. Dies ist ein Quantensprung des didaktischen Denkens, dessen Konsequenzen für die Lernförderung immer klarer zutage treten, dessen Folgerungen für das heutige Berechtigungssystem mit seinen Abschlüssen und Titeln aber noch unabsehbar bleiben (vgl. Arnold 2017; Dräger und Müller-Eiselt 2015).
Lernen erfolgt selbstorganisiert
Kompetenzentwicklung erfordert Selbstorganisation, da diese auf der Lösung von Praxisproblemen in realen Entscheidungssituationen, auch unter Unsicherheiten, basiert. Das Lernen erfolgt also unter den Bedingungen von Komplexität und Unberechenbarkeit. Um unter diesen Bedingungen effektiv zu Lösungen zu gelangen, braucht es Ansätze des kooperativen bzw. kollaborativen Arbeitens und Lernens.
Es werden deshalb Lernsysteme benötigt, die der individuellen und gruppendynamischen Selbstorganisation möglichst viel Spielraum lassen. Ein solches System bietet den Lernenden Hilfen und Hinweise, damit sie ihre Problemstellungen in der Praxis selbstständig, mit Lernpartnern oder im Netz lösen können. Die Lerninhalte sind in hohem Maße modularisiert und können bei Bedarf „on demand“ genutzt werden.
Diese innovativen Lernsysteme erfordern allerdings eine „neue Lernkultur“, um wirksam zu werden. Diese Kultur ist ermöglichungsorientiert sowie selbstorganisations- und kompetenzorientiert. Diese „neue Lernkultur“ unterscheidet sich fundamental von der tradierten Lernkultur, die wir alle aus unserer schulischen Lernkarriere her kennen. Lernkultur verstehen wir dabei als ein System sozialer Prozesse und Handlungen, deren Kern Normen und Werte sind, die das Lernen der Mitarbeiter und Führungskräfte auf allen Stufen des Unternehmens bestimmen. Sie konkretisiert sich im Lernhandeln und in den Kompetenzen der Lernenden und setzt ein ständiges Lernen aller Beteiligten voraus.
Lernen wird durch Netzwerke gefördert
Netzwerke fördern die Kommunikation zwischen Wissensträgern und die kollaborative Lösung von Herausforderungen. Menschen, die ihr Wissen teilen, fühlen sich besser in ihr Umfeld integriert, treffen im Netzwerk Menschen, denen sie sonst nicht begegnen würden, und können besser vermitteln, wer sie sind und über was sie sich Gedanken machen. Daraus kann neues, gemeinsames Wissen für die Problembewältigung im Prozess der Arbeit generiert werden, sofern der passende Ermöglichungsrahmen geschaffen und die Kommunikation zielgerichtet unterstützt wird. Der Begriff „Lernen im Netz“ ist von uns bewusst doppeldeutig gewählt. Einerseits zielt er auf das netzbasierte Lernen im Sinne des Konnektivismus, andererseits meint er das Lernen im Web mit Social Software. Beide Ausprägungen des Lernens basieren auf dem sozialen Lernen.
Kompetenzentwicklung im Netz ist der selbstorganisierte Aufbau von Kompetenzen mittels Social-Software-Instrumenten in kollaborativen Lernprozessen mit Entwicklungspartnern. Lernen im Netz bezieht den ganzen Menschen und seine Umwelt mit ein. Lernen ist damit ein Prozess des kulturellen Austauschs, durch den kognitive Aktivitäten strukturiert und geformt werden. Damit ist der Kompetenzaufbau im Netz auch ein „Bottom-up-Lernen“. Dieses bedingt aber, dass die Lernenden gemeinsam Lernziele formulieren, Lernpläne entwickeln, Erfahrungswissen austauschen und gemeinsam Entscheidungsprozesse erleben. Die im Lernprozess eingesetzte Social Software ist damit Kompetenzlernsoftware. Durch sie können die Lernenden ihre Interessen und Fragen in die Lernprozesse einbringen („two-way access“), die durch eine wertende Selbstreflexion und Diskussion aller Beteiligten geprägt sind. Daraus entwickelt sich ein kompetenzorientiertes Wissensmanagement „bottom-up“ (z. B. über Wikis und Blogs ).
Die Voraussetzungen für Kompetenzentwicklung im Netz sind:
- „grenzenlose“ Kommunikation: Netzwerke, anhand derer sich räumliche und hierarchische Barrieren überwinden lassen
- konsequente Nutzung der Netzwerke: Die Teilnehmer suchen im Netz gezielt Lösungen für ihre Herausforderungen
- Offenheit für neue Lösungen, Alternativen und „Querdenken“
- Aufbau einer dauerhaften Vertrauensbasis
- informeller Teil zum zwangslosen Austausch
Lernen wird professionell begleitet
Kompetenzentwicklung erfolgt selbstorganisiert im Prozess der Arbeit oder in Projekten. Dabei hat sich Coaching als die optimale Lernbegleitung erwiesen, um durch eine auf Entwicklung ausgerichtete, methodisch fundierte Vorgehensweise eine intendierte Kompetenzentwicklung zu unterstützen. Das Gesamtkonzept der Lernbegleitung durch Coaching weist idealerweise folgende Aspekte auf:
Coaching stärkt die Fähigkeit des Lernenden zur Selbstorganisation im Sinne einer „Hilfe zur Selbsthilfe“. Es ist in der Regel nicht inhaltsorientiert (Was wird gelernt?), sondern prozessorientiert (Wie wird gelernt?). Dabei wird nicht davon ausgegangen, dass Lernen, insbesondere Wert- und Kompetenzlernen, durch einen Experten gesteuert werden muss, sondern dass der Lernende es durch die Fragen, Ziele und Werte selbst vorantreibt.
Da es nicht möglich ist, jeder Person einen Coach zur Seite zu stellen, kommt in informellen Lernprozessen, z. B. am Arbeitsplatz, der Lernbegleitung durch Lernpartner im Rahmen des Co-Coachings sowie in Communities of Practice eine zentrale Bedeutung zu. Co-Coaching ist eine gegenseitige, meist gleichberechtigte und für die effektive Kompetenzentwicklung der Coachingpartner.
Selbstorganisiertes Lernen erfordert neben Coaching auch regelmäßiges Feedback. Erst dadurch werden Lernende in die Lage versetzt, Kompetenzentwicklungsmöglichkeiten zu erkennen, individuelle Kompetenzziele zu definieren und ihre personalisierten Kompetenzentwicklungsprozesse selbstorganisiert zu planen, umzusetzen und zu reflektieren.
CC BY-SA by Werner Sauter für Blog Aus- und Weiterbildung
Digitalisierung in der Erwachsenenbildung
Mit Smartphone,
Tablet und Laptop bringen Teilnehmende heute ganz selbstverständlich ihre
eigenen digitalen Geräte mit in Kurse und Trainings, Workshops und Vorträge –
unabhängig vom Thema. Für Erwachsenenbildung und Weiterbildung bieten sich
damit neue Chancen für das Lernen, das abwechslungsreicher, individueller und
kreativer gestaltet werden kann. Auch die Lehrenden können von digitalen Medien
profitieren, wenn sie um die neuen Möglichkeiten wissen und professionelle
Vernetzungsangebote kennen.
E-Learning
E-Learning – kurz für electronic learning - meint elektronisch unterstütztes Lernen. Elektronische oder digitale Medien kommen für die Präsentation und Distribution von Lernmaterialien und/oder zur Unterstützung zwischenmenschlicher Kommunikation zum Einsatz, so definiert der bekannte Medienwissenschaftler Michael Kerres E-Learning. Eine Definition, die viel Spielraum für die reale Umsetzung in der Praxis der Erwachsenenbildung und Weiterbildung lässt.
Ermöglichungsdidaktik
Die Ermöglichungsdidaktik sieht die Lernenden als verantwortlich für ihr
selbstbestimmtes Lernen. Was aber, wenn die Lernenden das nicht umsetzen können?
Welche Rolle übernehmen die Lehrenden in diesem Ansatz? Und wie lässt sich
dieser in der Praxis realisieren? Das beinhaltet, je nach Handlungsfeld oder
Kursinhalt, Herausforderungen für Lehrende, Lernende und Einrichtungen.
Selbstgesteuertes Lernen
Das selbstgesteuerte Lernen verändert die Rolle und die Aufgaben des Lehrenden. Welche Aufgaben und welches Rollenverständnis gefordert sind, wird in diesem Wissensbaustein gezeigt. Insbesondere zeigen wir Möglichkeiten zur Konzeption und Steuerung von selbstgesteuertem Lernen auf. Wie kann ich als Lehrkraft den selbstgesteuerten Lernprozess positiv beeinflussen?