Handlungsanleitung

Schweigen vermeiden

„Wer möchte als Erster etwas dazu sagen?“ – auf eine solche Frage herrscht in Kursen oft tiefes und langanhaltendes Schweigen. Alle Beteiligten empfinden diese Momente als unangenehm. Auf die Kursleiterin oder den Kursleiter kann eine solche Lage verunsichernd wirken. Welche Ursachen es dafür geben mag, wenn niemand in der Gruppe das Wort ergreift, und wie Sie diesen Momenten vorbeugen, erfahren Sie hier. 

Wenn Leitenden die Geduld fehlt oder wenn ihnen das Schweigen in der Gruppe zu lang wird, dann sei ihnen empfohlen, still bis Zwanzig zu zählen. Diese Zeit gibt allen Teilnehmenden ausreichend Gelegenheit, über Vorschläge, Fragen oder Aufgaben nachzudenken.

Schweigen kann ganz unterschiedliche Gründe haben:

  • Die Frage oder Aufgabe wurde nicht verstanden.
  • Bei den Teilnehmenden herrscht innere Unklarheit.
  • Sie haben einen unerfüllbar hohen eigenen Anspruch an sich selbst.
  • Sie haben innere Blockaden.
  • Sie fürchten, unpassende Beiträge zu liefern.
  • Sie möchten die eigenen Gefühle und Gedanken nicht veröffentlichen.
  • Bei dem Schweigen handelt es sich um ein meditatives Schweigen.
  • Das Schweigen drückt passiven Widerstand aus.

Ein Verständnisproblem ist an den Gesichtern der Teilnehmenden zu erkennen. Besonders für Leitende, die schlecht erklären können, empfiehlt es sich bei Aufgabenstellungen, die über einfache Anweisungen hinausgehen, eine vorbereitete Arbeitsanleitung ans Flipchart oder an die Tafel zu bringen. Sind Teilnehmende blockiert, kann dies ein Hinweis dafür sein, dass das Gruppenklima zu leistungsorientiert ist. Wenn das Schweigen in der Gruppe eher nachdenklich ist, lohnt es sich, abzuwarten. Ein Kontext von Geduld und Ruhe fördert das Aussprechen von Gedanken oder Gefühlen. Das Seminar kann so mehr Tiefgang entwickeln.

Mit Regeln beginnen

Durch das Vorgeben klarer Regeln zu Beginn eines Seminars stiften Kursleitende Verhaltenssicherheit und erleichtern den Teilnehmenden den Start.

  • Wenn Leitende den Kontakt zwischen den Gruppenmitgliedern ermöglichen und fördern, tragen sie dazu bei, dass Teilnehmende Hemmungen abbauen können. Gruppenarbeiten führen schnell zu einem Gefühl der Sicherheit.
  • In der Anfangsphase gehört es zur Leitungsaufgabe, klare Entscheidungen zu treffen, Neugier zu wecken und Orientierung zu bieten.
  • Leitende sollten sich der Tatsache bewusst sein, dass Projektionen und Übertragungen besonders zu Beginn die Wahrnehmung aller Beteiligten verzerren können.
  • In der Anfangsphase eines Seminars ist es nützlich, Konfrontationen zu verschieben und Übereinstimmungen hervorzuheben.
  • Offenbarungen sollten vom Leitenden aufgegriffen, die Gruppe aber dennoch zur Ausgangssituation zurückgeführt werden.
  • Es ist für den Leitenden wichtig, die verschiedenen Gründe für ein Schweigen der Seminargruppe zu erkennen, um adäquat reagieren zu können.

 

Auszug aus dem Perspektive Praxis Band "Souverän Seminare leiten" von Wolf-Peter Szepansky,  angepasst durch Angelika Gundermann (18.04.2016), nicht unter freier Lizenz, letztmalig geprüft am  18.09.2023


Quelle

Szepansky, W.-P. (2010). Souverän Seminare leiten. Bielefeld: W. Bertelsmann.


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