Was aber ist den meisten von uns am stärksten präsent aus der Schulzeit? Worüber sprechen Sie auf Klassentreffen? Sind es nicht die lustigen Dinge, die Streiche, die gescheiterten Experimente im Physik- oder Chemie-Unterricht, die wir noch am genauesten im Kopf haben?
Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Eselsbrücken, die Sie in der Schule genutzt haben. Welche wirkten besonders gut? Die völlig absurden, die abwegigen, die, die mit der Sache an sich nichts zu tun hatten und damit einen neuen Reiz im Gehirn auslösten und uns – im Idealfall – zum Schmunzeln brachten.
Die Quattro-A-Strategie und paradoxe Reaktionen
Eine der wesentlichen Grundlagen, die ich aus meiner Ausbildung zur Trainerin (IHK) mitbringe, ist die „Quattro-A-Strategie“. Unser Ausbilder präsentierte sie uns als „Anders Arbeiten Als Alle Anderen“. Wenn ich auch inzwischen einiges aus der Ausbildung vergessen habe – die Quattro-A-Strategie ist mir sehr präsent. Warum? Da stößt etwas auf, unser normaler, routinierter Gedankenfluss kommt zum Stocken, zum Fragen (Fehler oder Absicht?), zum Lächeln: Wieso „Quattro-A?“ … Das sind doch 5 A?! Diese Strategie habe ich mir zur Leitlinie gemacht. Und zunächst verfügte ich noch nicht über genügend Mittel und Wege, diese Strategie auch anzuwenden – bis mich meine zweijährige Ausbildung zur Humortrainerin das Handwerkszeug dazu lehrte. Inzwischen weiß ich, dass Humor genau das ausmacht, was wir „Bruch“ nennen, Unterbrechung der Routine. Wichtig dabei ist, dass es eine liebevolle Unterbrechung ist, eine wertschätzende, eine wohlwollende, so dass die Beteiligten inklusive Zuschauer zum Lächeln angeregt werden.
Herrliche Erfahrungen mache ich in meiner Seminarpraxis immer wieder mit paradoxen Reaktionen: Sobald ich die Teilnehmenden bei einer schwierigen Übung darum bitte, einen Freudensprung zu machen. Wenn‘s nicht klappt, steigt ihr Mut, es auszuprobieren. Das, was den meisten schwer fällt, ist wirklich den Freudensprung zu wagen (oder einen Ausruf „Yippieh, daneben“). Doch wenn sie sich einmal überwunden haben, steigt die Experimentierfreude. Das Lernen wird wieder spielerisch, freudig und wesentlich effizienter – und das in der ganzen Gruppe, denn alle schauen gespannt auf den Sprung der anderen!
Probleme werden durch Humor sichtbar …
In firmeninternen Seminaren geht es häufig auch darum, die aktuelle Situation im Kollegenkreis zu erfassen, sichtbar, spürbar zu machen. Als Humortrainerin ist dies für mich eine Aufforderung zu einem fröhlichen Spiel (Pardon: „Praxisübung“) im Plenum: Die Routine, der Dienstweg und die (im Arbeitsalltag immer wieder vorkommenden) „Besonderheiten“ werden jeweils von einem Objekt repräsentiert. Die Regeln sind vorgegeben, im Prinzip angelehnt an die Eigenarten des jeweiligen Begriffs. Schon häufig habe ich diese Übung durchgeführt, und in jedem Team, in jedem Unternehmen läuft sie anders ab. Das Interessanteste sind die Kommentare der Übenden: Es wird viel gelacht, und ganz wie von selbst werden Parallelen zur echten Arbeitswelt gezogen. („Die Routine leidet aber massiv!“, „Immer wieder häuft sich bei mir alles!“, „Genau so ist das: Wenn ich die Routine sorgfältig erledige, stocken andere Dinge, und für plötzliche Anforderungen habe ich einfach keine Zeit!“, „Ja, die Besonderheiten, die liebe ich … naja, wenn das andere nicht wäre …“) Alle nehmen neue Erkenntnisse über die Zusammenarbeit wahr. Eine trockene Diskussion oder ein Brainstorming würde wesentlich länger dauern, wäre wahrscheinlich weniger aufschlussreich und nicht zuletzt: wesentlich langweiliger. Zudem beteiligen sich zumeist nicht alle an Diskussionen im Plenum. Dieses Spiel hingegen reißt sie alle mit. So hilft Humor, einen Sachverhalt mit ganz ungewöhnlichen Mitteln darzustellen und dadurch Klarheit zu erarbeiten (echte Aha-Effekte).
Ein anderes Beispiel: Für ein Kommunikationstraining für Frauen in Führungspositionen mit dem Ziel, souveräner zu werden, entwickelte ich die folgende Erklärung des Begriffs „Frau“: Wie sollten wir Frauen sein? F wie freundlich, R wie respektvoll, A wie aufrichtig und U wie UNERBITTLICH! Genau dieses UNERBITTLICH stieß den Teilnehmerinnen kräftig auf. Wir diskutierten unterschiedliche Deutungen des Wortes, und dieser Begriff, der aus dem normalen Rahmen herausfiel, blieb besonders haften. Er war mit einem Augenzwinkern versehen. Das war mein Ziel: Mit der Übertreibung „unerbittlich“ konnte ich den Weg ebnen hin zu Konsequenz, Klarheit, Selbstvertrauen und Souveränität. Solche Wortspielereien sind ganz einfach herzustellen und machen – passend dargeboten – allen Spaß.