Handlungsanleitung
Informell Deutsch lernen mit Facebook
Eine Umfrage unter neuseeländischen Studierenden offenbart das Potenzial des sozialen Netzwerks für den Fremdsprachenerwerb. Soziale Medien wie Facebook, Instagram oder Twitter dienen nicht nur der Kommunikation mit Freunden, sondern tragen auch zum informellen Lernen bei.
Formelles und informelles Lernen mit Facebook
Unter formellem Lernen versteht man didaktisch gesteuertes Lernen, zum Beispiel das Einrichten einer Lerngruppe für Kursteilnehmer durch die Lehrperson. Wenn Lernende aber in ihrer Freizeit mit Bekannten chatten und dabei ihre Deutschkenntnisse aufbessern, spricht man von informellem Lernen.
Umfrage unter Studierenden: Facebook als Lernwerkzeug
Dr. Antonie Alm unterrichtet Deutsch und forscht zu Fremdsprachenpädagogik und computergestütztem Lernen an der University of Otago, Neuseeland. Neben Deutsch werden an der dortigen Fakultät für Fremdsprachen auch Spanisch, Französisch, Japanisch und Chinesisch angeboten. Mit Hilfe eines anonymen Fragebogens untersuchte Alm, ob und wie die Studierenden dieser Fächer das soziale Netzwerk Facebook nutzen, um ihre Sprachkenntnisse einzusetzen und zu erweitern: 39 der 191 Befragten studieren Deutsch als Fremdsprache (DaF). Die Umfrageergebnisse dieser DaF-Lernenden stellte Alm im Rahmen der 5. DaFWEBKON (Webkonferenz für Deutsch als Fremdspache/Zweitsprache) vor.
Alms Umfrage ergab, dass die große Mehrheit der Befragten (91 Prozent) auf Facebook mit Deutsch-Muttersprachlern vernetzt ist. Kommunikation mit Freunden (zum Beispiel im Chat) ist für den Großteil der Teilnehmenden der Hauptgrund, ihre Sprachkenntnisse auf Facebook einzusetzen.
Nur rund die Hälfte abonnieren deutschsprachige Seiten, treten deutschsprachigen Gruppen bei oder stellen die Spracheinstellungen auf Deutsch um. 27 von 35 Befragten gaben an, dass sie Facebook als sehr oder zumindest etwas hilfreich empfanden, um sich der Lernsprache auszusetzen.
Auffällig ist, dass diejenigen Studierenden, die im Rahmen eines Schüleraustauschs oder eines Auslandssemesters mehrere Monate in einem deutschsprachigen Land gelebt hatten, auch auf Facebook viel häufiger mit deutschsprachigen Inhalten interagieren als diejenigen ohne lange Auslandserfahrung.
Eine Methode für Geflüchtete?
Inwieweit lassen sich die Ergebnisse der Studie mit neuseeländischen Studierenden auf das Lernverhalten von Geflüchteten in Deutschland übertragen?
Die meisten Geflüchteten verfügen über ein Smartphone und Internetzugang. Verschiedene Initiativen haben bereits Apps oder andere Web-Angebote entwickelt, um Geflüchteten über das Internet Sprachlernangebote zugänglich machen zu können. Dazu gehört zum Beispiel die App Ankommen, an deren Entwicklung unter anderem das Goethe-Institut beteiligt ist.
Auch soziale Netzwerke wie Facebook sind unter den Flüchtlingen weit verbreitet. Sie werden genutzt, um den Kontakt zu Familie und Freunden aufrecht zu erhalten, Nachrichten aus dem Heimatland zu verfolgen und sich im neuen Land zu vernetzen.
Es erfordert von den Geflüchteten also viel weniger Aufwand, Facebook zum Lernen zu nutzen, als eine neue App zu installieren oder sich ein Benutzerkonto für ein Online-Lernangebot anzulegen.
Lernmöglichkeiten auf Facebook
Ausgehend von Antonie Alms Studie gibt es verschiedene Möglichkeiten des informellen Lernens auf Facebook:
- mit Muttersprachlern chatten und private Nachrichten austauschen,
- Facebook-Gruppen, in denen die Zielsprache gesprochen wird, beitreten,
- Seiten und Newsfeeds in der Zielsprache abonnieren,
- die Facebook-Spracheinstellungen auf die Zielsprache ändern.
Im Folgenden werden die Vor- und Nachteile dieser Möglichkeiten sowie eine Handlungsanleitung für Lehrende skizziert:
Private Nachrichten und Chats
- Vorteil: Chats ermöglichen die direkte und authentische Kommunikation mit Muttersprachlern.
- Nachteile: Chats verleiten zu konzeptionell mündlicher Sprache und Fehler werden in der Regel nicht korrigiert.
Facebook-Gruppen
- Vorteile: In Gruppen ist ein lebhafter Austausch möglich. Lernende haben die Möglichkeit, einen Tandempartner zu finden und Fragen an Peers zu stellen.
- Nachteil: In unmoderierten Gruppen gibt es auch viele sprachlich inkorrekte Äußerungen.
Abonnieren von Seiten und Newsfeeds
- Vorteile: Nachrichten, Landeskunde und Humorvolles vermischen sich. Neben den klassischen deutschsprachigen Nachrichtenportalen gibt es auch didaktisch aufbereitete Seiten. Die Lernenden werden täglich mit Deutsch konfrontiert.
- Nachteil: Das Niveau. Für Anfänger sind authentische Seiten zu schwierig.
Spracheinstellung auf Deutsch setzen
- Vorteile: Man ist täglich mit der Sprache konfrontiert und lernt Fachbegriffe aus den Themenfeldern Medien, Technologie und Kommunikation.
- Nachteil: Wichtige Einstellungen werden womöglich nicht mehr wiedergefunden.
Handlungsempfehlungen
- Mit der Lernergruppe über Facebook sprechen – nutzen sie Facebook? Können sie sich vorstellen, es auch zum Lernen einzusetzen?
- Interne Gruppe für den Kurs gründen (Tipp: Facebook-Einstellung „geheim“)
- Gruppen für Lernende recherchieren und empfehlen
- Geeignete Seiten zum Folgen vorschlagen, zum Beispiel mehrsprachige Nachrichten (SWR News for Refugees) und Seiten speziell für Deutschlernende (Goethe-Institut).
- Bei der Suche nach deutschsprachigen Tandempartnern helfen.
Linktipps
- Aufzeichnung von Antonie Alm: Informelles Lernen mit Facebook: Auswertung
- Zu Facebook und Whatsapp siehe auch den DaFWEBKON-Beitrag von Hayford Anyidoho zum Einsatz dieser beiden Netzwerke im DaF-Unterricht in Ghana: Deutsch ab! – Soziale Netzwerke “in”!