Lutz Goertz Blog
Working out loud, Agiles Lernen und Makerspaces
Lernen in der Arbeitswelt bedeutet in Zukunft, mit anderen über Lernprozesse zu reden, die Lernziele während des Lernprozesses zu verändern und bewusst aus eigenen Fehlern zu lernen. Dies sind Trends, die in den Sozialen Medien behandelt werden, wenn man nach Inhalten zum Thema "Weiterbildung" sucht. Zum zweiten Mal hat das mmb Institut für wb-web hierzu eine Trendanalyse erstellt. Dieser Beitrag erläutert die Ergebnisse.
Mit der bereits in der ersten Trendanalyse 2016 bewährten Scouting-Methode hat das mmb Institut insgesamt 124.242 Zeilen aus Social-Media-Beiträgen zu Weiterbildungsthemen untersucht. Die Tweets, Facebook-Meldungen, XING-Postings und Newsletter-Beiträge stammen aus dem zweiten Halbjahr 2017, unter anderem aus Kommentaren mit bestimmten Schlüsselbegriffen aus der Weiterbildung, zu einschlägigen Veranstaltungen zum Thema Weiterbildung sowie Beiträgen von Weiterbildungsfachleuten und -institutionen.
Welche Begriffe wurden als Trendbegriffe ermittelt?
In diesem Jahr enthält die Liste viele Begriffe, die im Zusammenhang mit der Arbeitswelt stehen, die sich aber auch auf andere Lernwelten übertragen lassen:
- Working out loud, Learning out loud
- Fehlerkultur
- Agiles Lernen, agile Bildungsinstitution, Agility, Agile Mind
- Modern Workplace Learning
- EdTech
- Blockchain
- Change, Change Agent, Change Management
- Cloud
- Makerspace
- Open Hardware, Open Source Hardware
- Podcasts für die Weiterbildung.
Mehr Anglizismen in der Weiterbildungswelt
Erste Auffälligkeit: Bei den Begriffen, die auf Trendthemen und Innovationen schließen lassen, zeigt sich eine deutliche Zunahme von Anglizismen. Dies liegt u.a. daran, dass durch die Suche nach Hashtags wie „#oer“ oder „#workingoutloud“ auch englischsprachige Tweets in die Auswahl gelangt sind. Doch selbst in deutschsprachigen Beiträgen werden viele englischsprachige Begriffe verwendet. Offenbar werden in verstärktem Maß Trends aus dem Ausland aufgegriffen oder von vornherein für diese ein internationaler Begriff gewählt. Dies könnte auch ein Hinweis darauf sein, dass sich die Weiterbildungscommunity, deren Identität bisher eher durch den deutschen Sprachraum definiert wurde, anderen Ländern gegenüber öffnet.
Veränderungen in der Arbeitswelt wirken auf berufliche Weiterbildung
Betrachtet man die Tweets, Facebook-Meldungen und Newsletter in der Textsammlung, so fällt auf, dass deren Verfasser offensichtlich die Veränderungen in der Arbeitswelt sehr genau beobachten. “Working out loud” stand bereits 2016 auf der Trendliste - als Aufforderung, am Arbeitsplatz eigene Vorgehensweisen anderen gegenüber transparent zu machen und so voneinander zu lernen. Inzwischen ist der Begriff „Learning out loud“ hinzugekommen, der das gleiche Prinzip auch für das berufliche Lernen vorsieht: Hier machen Lernende ihre Lernprozesse transparent, suchen sich Gleichgesinnte und tauschen ihre Erfahrungen aus. Die Innovation liegt darin, dass hier sozusagen „Lerntagebücher“ kollaborativ genutzt werden (vgl. hierzu das Interview mit Martin Lindner). Dies kann natürlich auch für Themen gelten, die keinen Bezug zum Berufsleben haben.
Auch das Thema „Fehlerkultur“, das aus der Betriebswirtschaft hervorgegangen ist, wurde von den Akteuren in der Weiterbildung adaptiert. „Scheitern“ und darüber zu reflektieren wird als Lernprozess begriffen. Dies kann natürlich auch für das Lernen selbst gelten. Man kann sich bei der Recherche zu einem Lernthema hoffnungslos verrennen, den eigenen Lernprozess analysieren, mit anderen darüber sprechen und aufgrund der „Lessons Learnt“ (syn.“Lessons learned“) erfolgreichere Lernwege einschlagen. Dies kann natürlich auch für die Lehrenden gelten, die durch das Praktizieren einer Fehlerkultur die Qualität der Weiterbildung verbessern.
„Agiles Lernen“ wird seit dem letzten Jahr in der Weiterbildung vor allem im Zusammenhang mit „Industrie 4.0“ sehr intensiv diskutiert. Ähnlich wie beim agilen Arbeiten lernt man in Gruppen im Rahmen von Lernphasen („Sprints“), um anschließend erneut über das Lernziel zu reflektieren und dieses ggfs. zu korrigieren (vgl. den Beitrag von Werner Sauter).
Auch Begriffe wie „Change Management“, „Modern Workplace Learning“ oder „Blockchain“ beschreiben diesen Umbruch im betrieblichen Lernen. Im Falle der Blockchain wird sogar angedacht, Bildungsdienstleistungen und -abschlüsse verschlüsselt zu dokumentieren. Um Innovationen wie diese voranzutreiben, entstehen auf der Seite der Bildungsanbieter ganz neue Unternehmen: die EdTech-Branche, die in einem separaten Beitrag behandelt wird.
Bildung wird stofflich – mit Open Hardware und Makerspaces
Zwei Trends zeigen eine Entwicklung weg vom reinen Lernen am Computer hin zu einer eigenen Herstellung von computerbasierten Anwendungen. Im Vordergrund steht das „selbst Machen“ und damit „lernen durch Machen“ – im ständigen Austausch mit anderen.
Makerspaces (oder „FabLabs“) sind offene Werkstätten, in denen Interessierte mit modernen Produktionsmitteln individuelle Werkstücke für den eigenen Gebrauch erstellen können. Unterstützt werden sie dabei von ehrenamtlichen und angestellten Helfern sowie von anderen Nutzerinnen und Nutzern des Makerspaces.
Die Idee der „Open Hardware“ für die Erwachsenenbildung weitet den Gedanken von „Open Educational Resources“ auch auf moderne „offene“ Computer-Prozessoren und andere lizenzfreie Geräte aus. Vertreter hierfür sind u.a. „Calliope“ oder „Arduino“. Offene Baupläne erlauben auch den Bau eigener Solaranlagen oder sogar eines Autos.
Das Revival der Podcasts
Podcasts zum Lernen wurden lange totgesagt, nachdem das Streaming von bewegten Bildern auch auf mobilen Endgeräten selbstverständlich wurde. Inzwischen erleben wir eine Renaissance der Lernpodcasts. Man hört sie inzwischen online via Smartphone und nicht mehr offline auf dem MP3-Player. Auch große Verlage setzen auf dieses Medium, z.B. mit „Stimmenfang – Der SPIEGEL ONLINE Politik-Podcast“, der hierfür die Plattform „Soundcloud“ nutzt. Bei diesen Audio-Angeboten kann man auch sekundengenaue Kommentare abgeben.
Die Cloud – ein zentraler sicherer Ort für Lernressourcen?
Ein Thema prägte die Diskussionen in der Weiterbildungscommunity, aber parallel auch in den Schulen und Hochschulen. Kann man Lernressourcen auf einem zentralen Server zur Verfügung stellen, damit alle Lernenden von jedem Ort aus darauf zugreifen können? Die Volkshochschulen bieten hierzu mit ihrer „VHS-Cloud“ bereits eine Lösung an. Bei anderen Cloud-Plattformen wird noch darüber diskutiert, ob sie zentral oder dezentral organisiert seien sollen, wie sicher sie sind und wer sie finanziert.
Resümee der Trendanalyse
Arbeiten und Lernen wachsen enger zusammen und sind einem ständigen Wandel unterworfen. Dabei greift die Bildungswelt auch internationale Trends und Workflows auf. Wichtig ist ferner das gemeinsame „Machen“, das Erarbeiten von Themen und Dingen mit einem bleibenden stofflichen Ergebnis.
Auch in diesem Jahr werden wieder Social Media-Beiträge zum Thema „Weiterbildung“ erhoben. Dann wird sich zeigen, inwieweit sich die oben genannten Trends konsolidieren und neue Phänomene aus der Weiterbildung am Horizont auftauchen.
CC BY-SA 3.0 DE by Dr. Lutz Goertz für wb-web
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Nachdem sich in Deutschland die „E-Learning-Branche“ seit Jahren etabliert hat, taucht nun in der Bildungscommunity ein Begriff auf, der offensichtlich neuen Schwung in die Bildungswirtschaft gebracht hat. In der mmb-Trendanalyse im Auftrag von wb-web taucht der Suchbegriff „EdTech“ mehr als 2.500 mal auf. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff?
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