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EdTech: Junge Unternehmen in den Startlöchern

Frau mit Cyberbrille vor Schrifttafel

Nachdem sich in Deutschland die „E-Learning-Branche“ seit Jahren etabliert hat, taucht nun in der Bildungscommunity ein Begriff auf, der offensichtlich neuen Schwung in die Bildungswirtschaft gebracht hat. In der mmb-Trendanalyse im Auftrag von wb-web taucht der Suchbegriff „EdTech“ mehr als 2.500 mal auf. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff?

EdTech ist ein sogenanntes „Kofferwort“, bei dem zwei Begriffe zu einer Kurzform zusammengezogen werden, in diesem Fall „Educational“ und „Technology“. Im weiteren Sinn sind hier mit „EdTech“ also Bildungstechnologien gemeint. Im engeren Sinn versteht die E-Learning-Community darunter eine neue Teilbranche „EdTech-Unternehmen“, die mit innovativen digitalen Lernservices und -produkten neue Nischen im Bildungsmarkt besetzen. Häufig handelt es sich dabei um Start-ups, die technologische Neuerungen wie Virtual Reality, Mobile Apps, Tablets oder Künstliche Intelligenz (KI) für Bildungszwecke adaptieren. Diese Unternehmen müssen nicht unbedingt aus der Bildungskernbranche stammen. Manche haben ihre Wurzeln in der Mediengestaltung, im Marketing oder in der IT-Branche.

Treiber für die neuen EdTech-Geschäftsideen sind die Digitalisierung von Schulen und Hochschulen, zunehmende IT-Anforderungen an Arbeitskräfte der verschiedensten Berufsgruppen sowie neue Unternehmensstrategien im Zusammenhang mit „Industrie 4.0“.

Mit ihren neuen Ideen drängen die EdTech-Firmen in den Markt der etablierten Bildungsanbieter, die den Inhalten und Geschäftsmodellen der Start-ups wenig entgegensetzen können. Beispiele für Ed-Tech-Unternehmen sind Anbieter von MOOCs (Massive Open Online Courses), deren Anbieter Gebühren nur für das Absolvieren einer Prüfung nehmen, nicht aber für die Bereitstellung des Lerncontents. Andere Start-ups bieten Apps zum Sprachenlernen oder zum Absolvieren von Krankenpflegeprüfungen an. Im Schulmarkt sind Apps erfolgreich, die in spielerischen Lektionen Kindern die Grundlagen des Programmierens vermitteln. Zwei Beispiele für Ed-Tech-Unternehmen stellen wir hier ausführlicher vor. Weitere Infos liefert  der ZBW-Mediatalk. 

Bei diesem Markt geht es um viel Geld – deshalb ist „EdTech“ auch ein Thema für die Finanzwelt. Für das Jahr 2016 umfassten die 400 Investments in Ed-Tech-Firmen ein Volumen von 2,2 Milliarden US-Dollar. Im Vergleich mit den USA oder Indien ist das Engagement von Investoren in Deutschland allerdings noch sehr zurückhaltend.

mmb-Geschäftsführer Ulrich Schmid sieht die Gründe hierfür im deutschen Sprachraum, der als Markt deutlich kleiner ist als die englischsprachige Welt (Blogbeitrag von Ulrich Schmid). Außerdem sind die Gewinnmargen und die Chancen auf einen teuren Verkauf der Start-ups in Deutschland vergleichsweise gering. Noch entscheidender ist laut Schmid aber die Haltung, dass Bildung in Deutschland kostenlos sein muss und dass viele Reglements in Schule und Hochschule dafür sorgen, dass die „Eintrittshürden“ für neue Firmen extrem hoch bleiben.

Genau hier setzt auch die Diskussion in den Social Media an, die in der Trendanalyse den Begriff „EdTech“ ganz nach vorne gebracht hat. Diskutiert wird beispielsweise, dass Deutschland von anderen Ländern in puncto EdTech abgehängt wird und in der Entwicklung zehn Jahre hinter den USA zurückgeblieben ist. Einen Anstoß zu dieser Debatte gab unter anderem  der Beitrag von Andreas Wittke (oncampus, Lübeck) mit dem Titel „Warum gibt es in Deutschland kaum EdTech?“ 

Die Sozialen Medien der Weiterbildungscommunity sprechen auch das Verhältnis von Technik und Didaktik an: Nachdem hierzulande lange Zeit technologiegetriebene Lernanwendungen eher missbilligt wurden, scheint die EdTech-Branche stärker die Adaption von neuen Technologien für die Bildungsbranche in den Vordergrund zu stellen. Genau diese Haltung der EdTech-Branche wird wiederum in den Social Media-Beiträgen kritisiert.

Ein Blick auf die EdTech-Zielgruppen: Interessanterweise ist im Zusammenhang mit EdTech immer von „Corporate Learning“, von Schulen und von Hochschulen die Rede, aber nicht von der klassischen Erwachsenenbildung. Immerhin gibt es Apps und Services zum Spracherwerb für den Freizeitmarkt, aber Anwendungen, die sich in Weiterbildungsakademien oder Volkshochschulen einsetzen ließen, sind in der EdTech-Szene die Ausnahme.

Woran kann das liegen? Ist der Weiterbildungsmarkt im Vergleich zu den oben genannten Zielgruppen nicht so lukrativ? Oder ist dieser Teil des Bildungsmarkts für Start-up-Gründer, die oft gerade aus der Hochschule kommen und die erste Erfahrungen in Unternehmen gesammelt haben, einfach „jenseits des Horizonts“? Eine Rolle mag auch spielen, wie die Akteure in der Weiterbildung den Auftritt der EdTech-Unternehmen wahrnehmen, der nicht unbedingt ihre Bedarfe und Ziele adressiert. Auf den Websites ist die Rede von „Dashboards“, von „On-Premise-Lösungen“ und von der Notwendigkeit, Weiterbildung „zielgenau, effektiv und effizient zu organisieren“. Vielleicht haben hier Weiterbildner und EdTech-Unternehmer einfach noch nicht die gleiche Sprache gefunden.

CC BY SA by Dr. Lutz Goertz für wb-web


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