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Adaptive E-Assessments zur Erfassung des Lernstandes in Weiterbildungskursen
Von Dr. Christian Spoden (spoden@die-bonn.de)
Darüber hinaus wurden sogenannte adaptive, also an den individuellen Lernstand angepasste E-Assessments erarbeitet, die einige signifikante Vorteile gegenüber klassischen papierbasierten Assessments beinhalten, darunter:
- geringerer Zeitaufwand zur Vorbereitung der Testinstrumente durch elektronische Vorlagen, zum Teil sogar automatisierte Erstellung von Aufgaben auf Basis dieser Vorlagen
- unmittelbare Rückmeldung mit Aufbereitung der Ergebnisse in aussagekräftigen, übersichtlichen Abbildungen und Tabellen nach automatisierter Auswertung durch den Computer entsprechend vorgegebener Schemata
- erleichterte Erstellung individualisierter Tests, zum Beispiel durch Anpassung des Schwierigkeitsniveaus an vorangegangene Antworten, Auswahl von Aufgaben im individuellen Fähigkeitsbereich der Lernenden und Auslassung von zu leichten oder zu schwierigen Aufgaben (wissenschaftlich unter dem Label „computerisiertes adaptives Testen“ aufgearbeitet; z.B. Frey, 2020)
- authentische Testaufgaben durch Nutzung hochauflösender Abbildungen, Audio- und Videosequenzen, sowie – denkbar, wenngleich bisher nur eingeschränkt realisiert – von Computersimulationen und Virtual Reality, die etwa für technische Anwendungen in der betrieblichen Weiterbildung relevant sein können
- leichte Wiederverwendbarkeit des Tests, sobald dieser einmal im digitalen Format vorliegt
Adaptive E-Assessments lassen sich übrigens sehr gut mit aktuellen Konzepten der Kompetenzdiagnostik verbinden, die ja gerade auf Fähigkeiten und Fertigkeiten in authentischen Kontexten und unter Berücksichtigung der für den konkreten Inhaltsbereich jeweils relevanten Anforderungen abzielt (z.B. Spoden, Frey, Fink & Naumann, 2020).
Nutzen in der Erwachsenenbildung
Es existieren in verschiedenen Bildungsbereichen bereits eine ganze Reihe von Anwendungen für adaptive E-Assessments, beispielsweise bei großen Vergleichsstudien wie PISA (OECD, 2019) oder in der Hochschulbildung als adaptive E-Klausuren (Spoden, Frey, Fink & Naumann, 2020). In der Erwachsenenbildung lassen sich adaptive E-Assessments als einleitende Lernstandsdiagnostik, unter Einbezug eines geeigneten Rückmeldekonzept für die Diagnose des Lernfortschritts im Kurs, aber natürlich auch summativ für Prüfungen einsetzen (engl.: E-Examinations). Der EULE Lernbereich hier auf wb-web nutzt bspw. im Verlauf eines Lernpfades interaktive Aufgaben, um Nutzende bei Bedarf (d.h. bei nicht Erreichen einer bestimmten Punktzahl) wiederholende oder auch vertiefende Inhalte auszugeben und so den Lernprozess in der digitalen Umgebung adaptiver zu gestalten. Der Einsatz bei summativen Assessments ist zum Beispiel bei zertifizierten und damit üblicherweise an Prüfungen gebundenen Kursen der Volkshochschulen und privater Anbieter sinnvoll. Dies kann sich konkret sowohl auf Kurse zur Entwicklung computernaher Kompetenzen (z.B. IT-Kompetenzen) beziehen; es kann aber auch Kurse zur Vermittlung allgemeinerer Fertigkeiten bereichern, die zunehmend auch im digitalen Raum von Bedeutung sind oder bei denen das digitale Format signifikante Vorteile im Assessment mit sich bringt. Man denke etwa an die Nutzung authentischen Audio- oder Videomaterials bei der Erfassung (fremd-)sprachlicher Kompetenzen. Der Einsatz adaptiver E-Assessments ist zum Beispiel auch bei Vorbereitungskursen auf IHK-Prüfungen oder bei Kursen zum Nachholen von Bildungsabschlüssen sinnvoll, bei denen die späteren Prüfungen eine entsprechend große Rolle spielen und die deshalb oft in den Kursen simuliert werden.
Digitalen Bildungsangeboten wird großes Potential zur Förderung höherer Bildungsteilhabe zugesprochen (vgl. hierzu auch das ebenfalls vom BMBF finanzierte Forschungsprojekt DigiGo: https://digi-ebf.de/digigo). E-Assessments als Instrumente der einleitenden Lernstandsdiagnostik, zur Erfassung des Lernfortschritts oder für die Zertifizierung von Abschlüssen gliedern sich als einer von verschiedenen digitalen Bausteinen sehr gut in diese heute bereits stark individualisierten und flexiblen Bildungsangebote ein. Es macht jedoch kaum Sinn, ein digitales Format allein im Sinne des Selbstzwecks zu nutzen – quasi, „weil gerade Digitalisierung ist“. Mit diesem Beitrag soll vielmehr darauf hingewiesen werden, dass adaptive E-Assessments mit zahlreichen Vorteilen wie etwa authentischen Tests (gerade bei computernahen Inhalten), der Auswahl der Lern- und Prüfungsaufgaben im Fähigkeitsbereich der Lernenden, darauf aufbauend der genauen Erfassung der Kompetenzausprägung und individueller Entwicklungsmöglichkeiten, sowie schließlich auch Möglichkeiten der Entlastung durch Automatisierung frischen Wind in die Lernstandsdiagnostik bringen.
Frey A. (2020). Computerisiertes adaptives Testen. In: H. Moosbrugger & A. Kelava (Hrsg.), Testtheorie und Fragebogenkonstruktion (3. Aufl., S. 501-524). Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-662-61532-4_20
OECD (2019), PISA 2018 Results (Volume I): What Students Know and Can Do. Paris: PISA, OECD Publishing. https://doi.org/10.1787/5f07c754-en.
Spoden, C., Frey, A., Fink, A. & Naumann, P. (2020). Kompetenzorientierte elektronische Hochschulklausuren im Studium des Lehramts. In K. Kaspar, M. Becker-Mrotzeck, J. Hofhues, J. König & D. Schmeinck (Hrsg.), Bildung, Schule und Digitalisierung (S. 184-189). Münster: Waxmann. Verfügbar unter: https://www.waxmann.com/index.php?eID=download&buchnr=4246
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