Am Anfang steht der Wunsch des Lehrenden, diese Art der Vermittlung einzusetzen, dann muss ein Konzept entwickelt werden, welche didaktische Herangehensweise zu den Lernzielen, den Inhalten und der Zielgruppe passt und in welchem konkreten Ablauf sie in die Lehrveranstaltung eingebettet werden soll. Nach Durchführung der Lehrveranstaltung können die Ergebnisse auf unterschiedliche Art weiterverwendet und dokumentiert werden, um entweder dem kollektiven oder individuellen Lernerfolg zu dienen.
Comics, Cartoons, Bildergeschichten und Karikaturen kommen im Bildungskontext an vielen Stellen vor. Gerne werden sie zu politischen und geschichtlichen Themen gezeigt, um zugespitzt auf bestimmte Aspekte hinzuweisen und als Diskussionsanregung oder auch einfach nur der Auflockerung eines etwas sperrigen Themas zu dienen. Zu vielen Themen gibt es Materialien, doch aus didaktischer Sicht bleibt es hier beim Betrachten der Bilder und der verbalen Reflexion, z.B. durch eine Gruppendiskussion oder in einer Einzelarbeit zu Fragestellungen, die oft der Lehrende vorgegeben hat. Ein weiterer interessanter Schritt im Hinblick auf eine umfassendere Lernzielerreichung könnte die Produktion von Inhalten sein, die als Bilderfolgen (Comics, Cartoons oder Bildergeschichten) dargestellt werden können.
In der Erwachsenenbildung kann es Vorbehalte gegen die Produktion von Bilderfolgen im Lernkontext geben. So assoziieren viele Erwachsene mit Comics banale Inhalte, eine verkürzte Darstellung von Inhalten oder empfinden die Auseinandersetzung mit gezeichneten Bildern als nicht ernsthaft genug. Aus didaktischer Sicht ist so eine Haltung bedauerlich, da die Produktion und Betextung von Bilderfolgen eine eigene Transferleistung bedeutet, die eine intensive Auseinandersetzung mit den Inhalten erfordert.
Comics, Bildergeschichten und Cartoons werden oft unterschätzt: Sie stellen sehr prägnant auch komplexe Sachverhalte dar und nutzen gleichzeitig die Vorteile der bildlichen Darstellung. Es werden Assoziationen und Erinnerungen geweckt und die gleichzeitige Auseinandersetzung mit den verschiedenen Elementen eines Bildes ist notwendig, wodurch automatisch eine höhere Konzentrationsleistung und Aufmerksamkeit erreicht wird. Bilder mit Menschen, die interagieren, lösen Emotionen aus und führen fast automatisch zur Bildung eines Urteils des Betrachters über das Geschehen. Bildergeschichten geben sehr stark eine inhaltliche Richtung und Bewertung vor, sie sind quasi weniger neutral und objektiv als Inhalte, die nur verbalisiert kommuniziert werden. Auf der anderen Seite verdeutlichen diese Darstellungen auch die vielen Facetten von komplexen Themen und unterstreichen durch die oft vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten die Mehrdeutigkeit menschlichen Handelns. Das Verhältnis von Text und Bild nimmt bei der Bildergeschichte einen konstitutiven Stellenwert ein. Text und Bild sind in der Bildergeschichte zwei Manifestationssprachen, die auf komplexe Art ineinander übergehen und lose oder fest verbunden sind. Anders als bei einer bloßen Illustration können Text und Bild in der Bildergeschichte nicht unabhängig voneinander gedeutet werden.
Ein didaktischer Mehrwert entsteht dann, wenn Lernende dazu motiviert werden können, selbst Produzierende oder Inhaltsliefernde für Bildergeschichten zu werden. Die bisherigen didaktischen Hinweise beschränken sich in der Regel auf den Einsatz in Schulen. Der Bereich der Erwachsenenbildung scheint zumindest in der Fachdidaktik noch wenig vorzukommen.
Es gibt verschiedene didaktische Formen, wie Comics, Bildergeschichten oder Cartoons, die im Bildungskontext eingesetzt werden können. Dem Einfallsreichtum des Lehrenden sind da kaum Grenzen gesetzt, der Lehrende muss – wie bei allen didaktischen Instrumenten – nur eine Form finden, die zu den Lernzielen und der Zielgruppe passt.
Nachfolgend werden einige didaktische Formen für den Einsatz von Comics, Bildergeschichten und Cartoons vorgestellt. Im Anschluss daran werden Anwendungen beschrieben, die eine Umsetzung der Visualisierungen erlauben.
Eine Bildergeschichte oder ein Cartoon können in einer Lehrveranstaltung vorgestellt werden und dort als Diskussionsanreiz dienen. Die Plausibilität der dargestellten Handlungen und Dialoge kann diskutiert werden, genauso wie die Einflussfaktoren, denen die handelnden Personen unterliegen. (Praxisbeispiel 3)
Die Texte der Bildergeschichte oder des Cartoons könnten Lücken enthalten oder ganz fehlen, so dass die Lernenden aufgefordert werden, die Texte zu ergänzen, um einen konsistenten Ablauf zu einem bestimmten Thema zu generieren. (Praxisbeispiel 1 und 2)
Die Bildergeschichte oder der Cartoon könnten unvollständig im Hinblick auf die Bildfolge sein, so dass die Lernenden die bildlichen Aspekte ergänzen sollen, z.B. um eine Entwicklung vorher zu sagen.
Den Lernenden könnten Figuren und Szenen zur Verfügung gestellt werden, aus denen sie selbst Bildergeschichten oder Cartoons zu einem bestimmten Thema generieren sollen. (Praxisbeispiel 4)
Die Lernenden könnten aufgefordert werden, selbst bildliche Darstellungen zu entwickeln. Eine häufig gestellte Aufgabe in dem Bereich ist die Entwicklung von Piktogrammen zu vorgegebenen Themen, so dass hier die Lernenden gezwungen sind, die wesentlichen Aspekte herauszuarbeiten. (Praxisbeispiel 5)
Das hier in verschiedenen Praxisbeispielen vorgestellte Konzept zum Einsatz von Comics und Bildergeschichten besteht aus folgenden Elementen:
- der Lernzielformulierung (z.B. Wiederholung von Inhalten, Vertiefung von Inhalten, Finden von Lösungen)
- der Methode (z.B. eine oder mehrere leere Sprechblasen, eine unvollständige Bildergeschichte)
- der Form der Auswertung der Ergebnisse (z.B. Poster-Session oder eine individuelle Vorstellung und Besprechung)
- der Festlegung der zeitlichen Dauer für die Erarbeitung und die Auswertung
Praxisbeispiel 1
In einer Lehrveranstaltung geht es um Staatsverschuldung. Es werden theoretische Hintergründe und politische Lösungsszenarien dargestellt und besprochen. Nach einer Plenumsdiskussion wird die Cartoon-Aufgabe gestellt. Es handelt sich um einen Ein-Bild-Cartoon. Auf dem Bild sind ein Bus zu sehen, der Busfahrer und ein Fahrgast. Der Busfahrer nennt dem Fahrgast den Preis für die Fahrkarte „2,80 Euro“ und erwartet, dass der Fahrgast den Betrag bezahlt. Der Fahrgast antwortet aber: „Bei dem Haushaltsdefizit Ihrer Kommune lohnt es sich ja gar nicht, dass ich bezahle.“ Die Antwort des Busfahrers bleibt offen (leere Sprechblase). Die Aufgabe besteht nun darin, in Einzel- oder Partnerarbeit die dritte Sprechblase auf dem Bild so zu füllen, dass zusammen mit der Szene ein stimmiger Dialog entsteht.
Welche Vorbereitung ist notwendig? Der Lehrende muss hier lediglich das Bild mit den zwei Personen und den Sprechblasen vorbereiten und in ausreichender Zahl in der Lernsituation bereithalten.
Sollte das eigene zeichnerische Talent des Lehrenden nicht ausreichen, gibt es im Internet zahlreiche kostenlose Programme und Plattformen, wo man sich aus Charakteren und Szenarien schnell seinen Cartoon zusammenklicken kann.
Wie kann man diese Aufgabe auswerten?
Je nach Gruppengröße können die Cartoons einzeln vorgestellt werden oder in einer Galerie aufgehängt und betrachtet werden. Aus den Antworten könnten auch Lösungsvorschläge für ein kommunalpolitisches Fallbeispiel entwickelt werden.
Praxisbeispiel 2: