Christina Bliss Blog

Ist digital gleich nachhaltig?

Das Bild zeigt eine Zeichnung vom Weltraum, mit verschiedenen Planeten, einer Rakete und einem Sateliten, die alle durch feine Linien miteinander verbunden sind.

Seitdem das Thema Nachhaltigkeit an Stellenwert in der Gesellschaft gewinnt, machen sich immer mehr Menschen Gedanken, wie sie Ressourcen schonen und weniger CO2 produzieren können. In der Erwachsenen- und Weiterbildung setzen viele Menschen daher verstärkt auf Digitalisierung. Schließlich müssen im Gegensatz zu einem gedruckten Arbeitsblatt für eine Website keine Bäume abgeholzt werden, oder?!

Was steckt eigentlich hinter diesem Internet? 

Das Bild zeigt mehrere gezeichnete Server, die mit feinen Linien mit einer Fabrik und einem Computer verbunden sind.

Vielen Menschen ist gar nicht klar, was genau eigentlich hinter dem Internet steht. Es ist auch wirklich nicht einfach, dieses grenzenlose Datenuniversum zu erfassen. Letztlich muss man es aber genau als solches verstehen: Das Internet besteht aus unzähligen Daten, die an bestimmten Orten gespeichert werden müssen und unablässig hin und her verschickt werden, damit Personen auf der ganzen Welt darauf ganz individuell zugreifen können.

Unzählige Daten benötigen unzählige Speicherorte. Diese Speicherorte liegen meist in großen Rechenzentren - das sind Orte, an denen viele Supercomputer zusammengeschaltet werden, um diese großen Datenmengen, die im Netz benötigt werden, speichern und austauschen zu können. Was wir im Kleinen kennen, lässt sich auch aufs Große übertragen: Unser Computer, Smartphone oder Tablet benötigt Strom, um zu funktionieren – Supercomputer brauchen analog super viel Strom zum Funktionieren.

Wo Strom fließt, entsteht aber auch Wärme. Jeder Heimcomputer benötigt daher bereits Ventilatoren – Rechenzentren sind auf riesige Kühlsysteme angewiesen, die gewährleisten, dass die Geräte nicht überhitzen. Auch Klimaanlagen verbrauchen wiederum Strom!

Im Gegensatz zu einem Buch, das einmal produziert und dann ohne weiteren Energieverbrauch vielfach genutzt werden kann, werden die Daten für eine Suchanfrage im Internet für jede Person individuell durchs Netz geschickt, immer und immer wieder und jedes Mal mit entsprechendem Energieaufwand.

Supernation Internet 

Das Bild zeigt einen gezeichneten Computer mit einer Glühlampe darüber.

Rechnen wir den Stromverbrauch dieser Rechenzentren zusammen, käme das Internet (wäre es ein Land) auf Platz 6 im weltweiten Energieverbrauch (SWR, 2019). Dazu müsste man eigentlich noch alle Endgeräte rechnen, mit denen wir auf das Internet zugreifen und die schlagen nicht nur mit dem Versorgungsstrom zu Buche, sondern werden auch mit endlichen Ressourcen hergestellt und benötigen wiederum Energie bei der Produktion.

Wo Strom genutzt wird, fallen in den meisten Fällen noch enorme Emissionen an. Der CO2 Ausstoß des Internets überstieg bereits im Jahr 2017 die Emissionen des weltweiten Flugverkehrs (e-on, 2020). Der Bedarf steigt weiter, denn der Ausbau von Smart-Technologien ermöglicht dem Internet Eintritt in die meisten Lebens- und Arbeitsprozesse.

Also weg von der Digitalisierung? 

Das Bild zeigt eine gezeichnete dampfende Teetasse.

Mit dem Energieaufwand von zwei Suchanfragen bei Google kann man eine ganze Kanne Tee kochen. Und dies ist nur ein kleines Beispiel. Das sollte aber jedem Nutzenden bewusst sein. Je komplexer die Aktion, die im Internet ausgeführt wird, desto größer der Energieverbrauch und gleichsam der CO2 Ausstoß. Besonders Streamingdienste und Browsergames sind hier wahre Stromfresser. Eine halbe Stunde Streamen setzt so viele Emissionen frei, wie sechs Kilometer mit einem durchschnittlichen Auto zu fahren.

Trotzdem ist die Digitalisierung eine Chance und bringt auch viel Potenzial mit sich, Energie zu sparen und Emissionen zu verringern. Ohne es bewerten zu wollen, ist zum Beispiel die Möglichkeit, sich mit Kolleginnen und Kollegen per Videokonferenz zu treffen und auszutauschen, vielfach die klimafreundlichere Variante als ein reales Treffen mit entsprechender Anfahrt.

Und was bedeutet das nun für den Alltag? 

Das Bild zeigt vier gezeichnete Figuren, die an einem Tisch zusammensitzen. Im Hitnergrund sind auf einer Leinwand drei weitere Personen an einem Tisch abgebildet.

Im Bereich der Weiterbildung müssen wir uns nicht generell für oder gegen Online-Lehre oder für oder gegen den Einsatz von Arbeitsblättern im Präsenzkursen entscheiden. Vielmehr ist der bewusste Umgang mit Ressourcen, und dazu gehört auch die Nutzung des Internets, der Schlüssel zum nachhaltigeren Wirtschaften: Wir sollten uns sowohl als Institution als auch als Lehrperson jeweils die Frage nach der Notwendigkeit von Ressourcennutzung stellen – unabhängig von realen oder digitalen Ressourcen. Bringt das kopierte Arbeitsblatt den Lernenden einen wichtigen Mehrwert, ist der Verbrauch des Papiers absolut gerechtfertigt, das selbe gilt für die gemeinsam gestreamten Filmausschnitte im Konservationskurs. Kann eine Online-Veranstaltung bei gleichem Nutzen lange Anfahrtswege einer Präsenzveranstaltung ersetzen, sollte über dieses Format nachgedacht werden. So gibt es zahlreiche Entscheidungen tagtäglich, die bewusst getroffen, der Umwelt zu Gute kommen.

Green Computing 

DAs  Bild zeigt einen gezeichneten Computer, auf dessen Bildschirm grüne Bäume abgebildet sind. Im Hintergrund stehen drei Windräder.

Digitale Medien bewusst und konkret in der Weiterbildung einzusetzen, ist also ein guter Ansatz, erzeugt aber trotzdem noch Emissionen und verbraucht große Mengen Strom. Hier hilft nur die Umrüstung der IT-Infrastruktur. Große Konzerne setzen daher auf Green Computing: Sie steigen auf erneuerbare Energieversorgung um, nutzen die entstehende Wärme weiter und investieren in innovative energiesparende Systeme. Denn Ressourcen sparen, bedeutet für die Großkonzerne gleichzeitig auch Geld sparen.

Als Nutzende der digitalen Medien haben wir zahlreiche Möglichkeiten, diese Bemühungen durch entsprechenden Konsum zu unterstützen. Wir können neben der Funktionalität bei der Anschaffung neuer Geräte auch auf Energieverbrauch und Herstellungsprozess achten und bei entsprechendem Hersteller/Anbieter kaufen oder Kunde sein.

Zurück zur Entscheidung: Zwei Googlesuchen starten oder eine Kanne Tee kochen. Uns stehen zahlreiche Suchmaschinen zur Verfügung, von denen einige längst auf erneuerbare Energien umgestellt haben und ihren Gewinn nicht in die Tasche von Aktionären, sondern in Umweltschutzprojekte investieren.

Lassen Sie sich daher Ihren Tee schmecken, während Sie im Internet nach sinnvollen Ergänzungen oder Alternativen für herkömmliches Lehr-Lernmaterial suchen.


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